Korrespondent in China

■ Laßt hundert Blumen blühen - und dann verwelken? 'Le Monde's Peking-Korrespondent berichtet über Erfahrungen und Enttäuschungen mit Chinas Politik der Offenen Tür.

Patrice de Beer

Die Berichterstattung über anti-chinesische Unruhen in Lhasa hat die Grenzen der Politik der Offenen Tür für die Medien in China aufgezeigt. Informationen kamen nur unzureichend, einseitig und verspätet durch, Berichterstattung durch Ausländer war gänzlich untersagt.

Gleichzeitig hat sich an diesem Ereignis jedoch auch gezeigt, wie sehr die neuen Grenzen sich von denen aus der Zeit der Kulturrevolution unterscheiden und daß die Kontrolle heute schwerer durchzuführen ist - gegenüber Ausländern und Chinesen gleichermaßen. Denn erstens haben viele Chinesen inzwischen ein Kurzwellen-Radio, mit dem sie chinesischsprachige Sendungen des BBC oder der „Stimme Amerikas“ hören können; zweitens konnte man im Oktober letzten Jahres zum offiziell verlesenen Kommunique in den Sieben-Uhr-Nachrichten des Zentralchinesischen Fernsehens, das die ersten Unruhen verharmloste und von „nur einer handvoll Seperatisten“ sprach, gleichzeitig auf dem Bildschirm hunderte von Demonstranten und üble Straßenschlachtszenen sehen; und drittens waren im März gerade Korrespondenten in Lhasa - einige als offiziell geladene Gäste der Informations-Abteilung des Außenministeriums (Xinwensi), andere mit Touristenvisen -, als die zweite Demonstrationswelle begann...

Um die derzeitigen Arbeitsbedingungen von Auslandskorrespondenten in China zu verstehen, darf man sie nicht mit den im Westen herrschenden Bedingungen vergleichen, sondern muß sie denen in anderen autoritären Regimes - und im China der Vergangenheit - zur Seite stellen. Die Arbeitsverhältnisse variieren dort immer mit dem gerade herrschenden politischen Klima und von Provinz zu Provinz. Sie sind außerdem abhängig von einzelnen Menschen, von denen manche erstaunlich offen mit Ausländern kommunizieren, während andere sich immer noch an offiziellen Richtlinien ängstlich festhalten und kein Wort auf eigene Verantwortung sagen; sie halten sich strikt an das, was wir in Frankreich „langue de bois“ nennen, den ideologischen Jargon also. Ghettoisierte Medien-Politik

Ich war dreieinhalb Jahre für 'Le Monde‘ Korrespondent in Peking, von Mitte 1984 bis Ende '87. Wie jeder Korrespondent, Diplomat oder Angestellte einer Fluggesellschaft wohnte ich in einem der drei existierenden Ausländerghettos. Die Wohnungen dort sind für chinesische Verhältnisse riesig und luxuriös. Das Personal, Dolmetscher, Fahrer und Dienstmädchen, wird vom Büro des Diplomatischen Dienstes gestellt; sie werden alle vom Sicherheitsdienst strengstens überprüft und sind in der Vergangenheit meistens zu regelmäßigen Auskünften herangezogen worden. Bis heute ist das zwar noch so, geschieht aber nicht mehr so oft. Allemal hat der Sicherheitsdienst genug Möglichkeiten, um Aktivitäten von Ausländern zu überwachen: Ihre Wohnungen sind häufig mit versteckten Mikrophonen übersät; die Lift -Boys machen Berichte über Besucher - besonders chinesische; in den Wohnungen und Büros tauchen oft unangekündigt die „Handwerker“ auf; außerdem sind die Ghettos von Mauern umgeben und ihre Zugänge von bewaffneter Polizei bewacht; und zu alledem kommt hinzu, daß ein waigoren, ein Fremder, eben nie aussehen wird wie eine Chinese...

Chinesische Besucher des Ghettos kommen - einer wie der andere - nur mit einer offiziellen Erlaubnis hinein oder mit einer Einladung ihrer Gastgeber; häufig müssen sie sich zusätzlich mit ihrer Arbeitskarte ausweisen

Als ich nach China kam, waren nur etwa 25 Städte ohne spezielle Erlaubnis für Ausländer offen. Als ich ging, waren es mehr als 400.

Als ich kam war der einzig existierende Kontakt mit Xinwensi. Als ich ging, konnte man sich an die Öffentlichkeitsbüros der Ministerien direkt wenden - außer an das des Verteidigungsministeriums - und an die Sprecher von Gesellschaften und Provinzen; man konnte Fragen stellen und Besuche organisieren.

Nicht so einfach war es allerdings, hohe Beamte zu treffen

-mir gelang es in China nicht ein einziges Mal, einen Minister zu interviewen. (Besuchsweise eingeflogenen Journalisten wurde das nicht ganz so schwer gemacht.)

Oft bekamen wir übrigens keine Antworten - aber immerhin ließ man uns Fragen aufwerfen.

Jeden Mittwochnachmittag hielt der Direktor von Xinwensi, Herr Ma Yuzhen - heute Generalkonsul in Los Angeles - oder einer seiner Assistenten ein Informationstreffen für die Presseleute ab. Thema des Tages war normalerweise der Besuch irgendeines ausländischen Staatsmannes in China oder chinesischer Staatsmänner im Ausland. Manchmal dauerten diese Treffen nur wenige Minuten, in denen man uns alles mitteilte über den Stand der offiziellen Beziehungen zwischen der Volksrepublik China und San Marino, Botswana... etc.

Ab 1986 dann gestand man uns zwei Treffen im Monat zu, bei denen wir Fragen stellen durften - und die chinesischen Informationsbeamten zeigten, daß sie genauso gut waren, wie ihre Kollegen in aller Welt, wenn es darum ging zu reden, ohne etwas zu sagen!

Wer von uns für einen Auftrag ins Land reisen wollte, brauchte zehn Tage im voraus die Erlaubnis der Regionalbehörden und mußte außerdem Xinwensi von seinem Vorhaben unterrichten. Zwar verhinderte es Reisen in zugängliche Gebiete nur selten einmal, - aber wenn es um eine Reiseerlaubnis in geschlossenes Gebiet ging, war man vollständig auf seine Zustimmung angewiesen.

Von 1984 bis Ende '86 war alles ganz locker - auf chinesische Art -, trotz der Ausweisung von John Burns, dem Korrespondenten der 'New York Times‘. Die Arbeitsbedingungen verbesserten sich merklich, und teilweise habe ich eine ganz ausgezeichnete Kooperation mit regionalen Behörden erfahren, beispielsweise in der Provinz Heilonjiang in der Mandschurei nahe der sowjetischen Grenze - einem Gebiet, das nur wenige Wochen vorher zugänglich gemacht worden war und in dem man bis auf einige Sowjets - seit Jahrzehnten keine Europäer mehr gesehen hatte. In Heile, am Ufer des Amur, versteckten regionale Beamte einen Kollegen von Radio Canada und mich in einem Boot, damit wir Nahaufnahmen von der sowjetischen Grenzstadt Blagoveschensk machen konnten - was von russischer Seite verboten ist. Auf dem Rückweg schoben sie mit vereinten Kräften eine Lokomotive beiseite, die uns auf einem Bahnübergang den Weg versperrte. In einem anderen Grenzort, in Suifenhe, wurde uns zu Ehren ein Ball gegeben, und unsere Fotos prangten auf der Umschlagseite der örtlichen Fernsehzeitung. Außerdem zeigte man uns entlang der Grenze alte japanische Schützengräben; als wir jedoch auf eigene Faust schließlich noch eine russische Familie besuchen wollten, war die plötzlich in ihrem Haus nicht mehr auffindbar...

In Gansu, westlich von Peking, war ich der erste Besucher in einem armen Dorf im Bezirk Dingxi, der damals für Ausländer noch gesperrt war. In diesem Dorf lebten die meisten Menschen noch in Höhlen, die in Lößhügel gegraben sind; der Sekretär der Kommunistischen Partei - der reichste Mann der Gegend - verdiente weniger als 900 Mark im Jahr zum Unterhalt für sich und seine ganze Familie. Erst seit den frühen achtziger Jahren hatte man sich hier sattessen können. Er gab sogar zu, daß die Situation jahrelang schlimmer gewesen sei als unter der Kuomintang vor 1949; der Grund dafür lag in der Überbevölkerung, die durch die maoistische Politik der Geburtenförderung hervorgerufen worden war.

Diese Beamten der Provinz- und Regionalbehörden haben sehr unverblümt über die Probleme gesprochen, mit denen sie konfrontiert waren. Was eine streng reglementierte Show-Tour hätte werden können, wurde durch sie zu einer ungeschminkten Enthüllung über Armut auf dem Lande. Vorwürfe vom Chefredakteur

Damals hatte die chinesische Regierung die Wichtigkeit der Medien im Westen begriffen und beschlossen, sie zu ihrem eigenen Vorteil zu nutzen. Im Unterschied zum Kreml öffnete Deng Xiaoping sein Land zunehmend für westliche Journalisten; die Zahl der ausländischen Korrespondenten stieg, und auch die Arbeitsbedingungen verbesserten sich laufend. Peking begriff uns schließlich als seine besten Propagandisten. Mit jedem Artikel, den wir schrieben, warben wir ja für die Wohltaten, die die Politik der Offenen Tür und der Vier Modernisationen für China und die Welt hatten; wir stellen die Probleme dar, die daraus folgten, und die Opposition hartnäckiger Konservativer aus der Mao-Zeit übrigens Leute, gegen die Deng erst zu kämpfen begann, nachdem sie ihm zur Macht verholfen hatten. Die Botschaft, die Deng durch die Medien in den Westen schickte, war klar: Wir brauchen eure Hilfe! Daher machte es gewissermaßen auch keinen Unterschied, ob unsere Berichte kritisch oder sogar negativ waren - solange wir damit nicht zu weit gingen. Worauf es im Gegenteil wirklich ankam, war, daß China endlich wieder Schlagzeilen machte, und zwar nicht mit Exzessen wie der Großen Proletarischen Kulturrevolution, sondern mit ökonomischen Leistungen. Deng war feinsinnig genug, sich nicht auf die pro-chinesischen Gruppen im Westen oder die eigenen Auslands-Zeitschriften zu verlassen, deren Glaubwürdigkeit minimal war. Der westliche Verbraucher wollte Informationen statt veralteter Propaganda, und darin hatte jeder seine Rolle zu spielen: Ausländische Korrespondenten berichteten in aller Breite über Chinas Erfolge und Probleme - für deren Lösung dringend westliche Hilfe und Kooperation benötigt wurde -, und durchreisende Journalisten, die auf ihren Kurzbesuchen vom Charme ihrer chinesischen Gastgeber meistens sehr beeindruckt waren, wurden in so gute Laune versetzt, daß sie nur noch Nachrichten nach Hause mitbrachten, die ganz im Sinne Pekings war.

Es passierte, daß Chefredakteure nach einem einwöchigen Trip mit ausgerolltem rotem Teppich im Reich der Mitte ihren Peking-Korrespondenten vorhielten, sie würden alles immer so negativ sehen...

Gleichzeitig kam ein weiteres Phänomen zum Tragen: China öffnete sich nicht allein dem Westen gegenüber, sondern auch in die eigene Gesellschaft hinein. Der politische und soziale Druck auf die Bevölkerung ließ nach, viele Ausländer bemühten sich zudem in sehr aufrichtiger Weise um Kommunikation - und so begannen Kontakte zu Beamten und ganz normalen Bürgern des Landes zu blühen.

Es passierte mehr, die Leute hatten mehr zu erzählen, und sie ließen sich immer weniger durch „die Zentrale“ und den Sicherheitsdienst einschüchtern. Man war erpicht darauf, von neuen Wirtschaftserfolgen zu berichten - was genau das war, was Peking wollte; aber man erzählte ebenso eifrig von Problemen mit den lokalen Behörden, von Korruption, Mißwirtschaft, von dem Wunsch, westliche Länder zu besuchen, mehr über Kultur und Lebensstil des Westens zu erfahren, und lebhaft verglich man, was wir dazu sagen konnten, mit dem, was im Zentralen Fernsehen darüber geboten wurde. Die Menschen waren immer weniger angewiesen auf die offizielle Presse - deren Zirkulation deutlich zurückging.

Natürlich gab es auch hier Grenzen. Einzelne, die sich zu sehr mit Ausländern abgaben oder deren kritische Positionen so im Druck erschienen waren, daß sie als Informationsquelle identifizierbar waren, konnten ernsthaft in Schwierigkeiten geraten. Und wiederum andere, besonders Leute aus der mittleren und niedrigen Ebene der Bürokratie, blieben Fremden gegenüber von vornherein so zugeknöpft, wie es seit Jahrhunderten Brauch gewesen war.

Diese Entwicklung, die Ende der siebziger, Anfang der achtziger Jahre begonnen und mit vielem Auf und Ab entsprechend der politischen Situation angedauert hatte, machte unsere Arbeit als ausländische Korrespondenten einfacher und befriedigender. Man redete offener, mehr Geschichten kamen an die Oberfläche, zu vielen Problemen waren unterschiedliche Gesichtspunkte zu hören - und durch solche Risse im allzulang polierten sozialen Lack bekamen wir tiefe Einblicke in die chinesische Gesellschaft. Alte Probleme wurden sichtbar, die seit Jahrzehnten vor uns versteckt gehalten wurden, und neue, die sich gerade erst herauszukristallisieren begannen. Die Menschen wollten erzählen: Viele Beamte waren eifrig bemüht zu zeigen, was sie erreicht - und auch, was sie nicht erreicht - hatten und was ihnen von ihren Vorgängern oft an Verwüstung hinterlassen worden war. Häufig klagten sie offen über Einmischung oder Mangel an Unterstützung durch „die Zentrale“ oder äußerten eine deutlich von Peking abweichende Meinung zu irgendwelchen Aspekten chinesischer Politik. Das Arbeiten in China wurde mehr und mehr vergleichbar mit der Arbeit in irgendeinem anderen Land der Dritten Welt.

1986 hatte man mich einmal darum gebeten, einen Vortrag vor jungen Journalisten der Xinhua-Nachrichtenagentur zu halten. Sie erwiesen sich als ausgezeichnet unterrichtet über die politische Situation im Westen und über die Lage der Medien bei uns. Sie stellten mir scharf formulierte Fragen über meine Zeitung, die im Jahr zuvor durch einige Krisen gegangen war. Dann begannen sie, mir Fragen nach meinen Arbeitsbedingungen in China zu stellen. Nach einiger Diskussion äußerte ich, daß ich es nicht so einfach fände, die unterschiedlichen Standpunkte zu verstehen, die von den diversen Staatsmedien eingenommen würden, beispielsweise Widersprüche in den Kommentaren von Xinhua und der 'Volkszeitung‘ zu einer Rede des (damaligen) KP-Sekretärs Hu Yaobang. Nachdem ich darüber gerätselt hatte, ob vielleicht die Nachrichtenagentur konservativer sei als die 'Volkszeitung‘, guckten sie mich zunächst nur groß an - und brachen dann in schallendes Gelächter aus. „Kein Kommentar!“ meinten sie.

Die junge Generation der Nachrichtenleute und zukünftigen Journalisten hat - wie auch die an der Fudan-Universität von Shanghai in englischsprachigem Journalismus unterrichteten Studenten - einen sehr unparteiischen Blick auf die Welt und ihr eigenes Land. Sie befinden sich in durchaus unbequemerer Lage als ihre älteren Kollegen, die darin geschult waren, ihre eigenen Beobachtungen zu vergessen und die offizielle Linie nachzuplappern. Die Jungen gehören einer neuen Schule an, die beeinflußt ist von Liu Binyans „Literatur als Reportage„; deren Wirksamkeit war es, die hinter den Enthüllungen über Mißwirtschaft, Korruption und Mißverhalten der Partei und lokaler Regierungen stand und die mehr riskiert hat, als es je in der Vergangenheit üblich gewesen ist. Bourgeoise Liberalisierung

Eine der befriedigendsten Erfahrungen meiner dreieinhalb Jahre in China war die kooperative Atmosphäre unter den Auslandskorrespondenten. Das erste Mal in meinem Beruf habe ich dort mit anderen zusammengearbeitet. Alle möglichen Nationalitäten waren in unseren kleinen Arbeitsgruppen vertreten; wir teilten einander Erfahrungen und Informationen mit, diskutierten verschiedene Auffassungen und machten aktuelle Sonderberichte gemeinsam. In China ist es nicht so einfach, rechtzeitig an neue und verläßliche Informationen heranzukommen. Selten gibt es so etwas wie einen Knüller. Wir ulkten darüber, daß eine Nachricht, die nicht innerhalb weniger Stunden von anderen Medien bestätigt wird, kein Knüller ist, sondern eine Ente. Deshalb gingen wir auch sehr sorgfältig mit unseren Meldungen und Informationsquellen um. Einige von uns hatten beispielsweise eine Woche im voraus erfahren, daß der Parteisekretär Hu Yaobang nach den Studentenunruhen aus dem Amt gejagt wird aber wir gaben es solange nicht über den Ticker, bis es nicht durch „freundliche“ kommunistische Kreise bestätigt war.

1987 war dann für viele von uns die Wasserscheide. Menschen, die bis dahin freundlich und kooperativ gewesen waren, brachen urplötzlich den Kontakt ab; sie hatten Angst vor dem neuen „linken“ Wind der Kampagne gegen die „bourgeoise Liberalisierung“ oder folgten eben nur artig der neuen Linie, die besagte, man solle sich hüten vor jenen Auslandskorrespondenten, die zu gut informiert sind und Hintergrundberichte bringen, die von Peking als negativ oder feindlich eingeschätzt werden. Für diese Korrespondenten konnte eine Reise außerhalb Pekings jetzt schnell zu einem bürokratischen Alptaum werden. Sobald wir uns nämlich von eingetretenen Pfaden zu entfernen drohten, versuchte man alle Tricks, um uns abzuhalten von dem, was wir wollten oder wohin wir wollten. In Xinjiang durfte ich nicht einmal in offene Gebiete reisen, in die sogar Touristen, die ich im Hotel traf, mit Reisebegleitern geführt wurden. „Das ist, weil Sie Journalist sind“, erklärte mir mein Dolmetscher. In Hunan, einer Brutstätte des Konservatismus und Maos Geburtsort, sagte man uns, wir könnten den Parteisekretär nicht treffen - der übrigens seit der Kulturrevolution am Ruder ist -, da er leider nicht in der Provinz sei. Am selben Tag noch sahen wir sein Foto in der Zeitung, das ihn bei der Eröffnung einer Feierlichkeit in genau jenem Ort zeigte, an dem auch wir waren. Als wir uns beschwerten, bekamen wir von unserem Aufpasser die Antwort: „Aber er ist krank geworden, sobald er zurück war!“

In Peking bat ich im Informationsbüro der Hauptstadt drei Monate lang umsonst um die Erlaubnis, Besitzer von Privatautos zu interviewen, nachdem ich von ihrem Vorhandensein in einer lokalen Zeitung gelesen hatte. Das Büro aber bestand darauf, daß man so jemanden nicht habe auftreiben können.

Der Klimawechsel Anfang 1987 wurde auch an der Ausweisung von zwei Journalisten deutlich; beide - ein Amerikaner, der für die französische Nachrichtenagentur AFP, und ein Japaner, der für Kyodo arbeitete - wurden beschuldigt, spioniert zu haben. Langsam verschlechterte sich für uns Korrespondeten die Atmosphäre - während Besuchern, Journalisten, Geschäftsleuten und Politikern weiterhin die Offene Tür vorgemacht wurde.

Nach fünf Monaten entspannte sich die Stimmung dann wieder etwas. Und dennoch haben diese fünf Monate bestätigt, daß wie unwiderruflich die Politik der Offenen Tür offiziell auch sein mag - sie doch auf den kleinsten Wink des gerade starken Mannes geändert werden kann, und daß viele führende Chinesen nicht gerade viel für sie übrig haben. Es ist ganz deutlich so, daß die Offene Tür im Bereich der Wirtschaft und des Außenhandels völlig von der politischen Situation abhängt, und daß dies nicht automatisch politisch offene Türen bedeuten muß.

Ist die Offene Tür also vielleicht nur eine Drehtür?

Man wird sehen. Die Zeiten jedoch, in denen China in einem nur negativen oder nur positiven Licht betrachtet werden konnte, sind endgültig vorbei.