Eine Frau an Hamburgs SPD-Spitze

Der Hamburger Landesparteitag wählte die Linke Traute Müller mit Zweidrittel-Mehrheit / Heidi Wieczorek-Zeul führt den SPD-Bezirk Hessen Süd  ■ PORTRAIT

Aus Hamburg Axel Kintzinger

Am Wochenende haben bei der SPD zwei zum linken Flügel gerechnete Frauen Spitzenpositionen errungen: Traute Müller wurde am Samstag zur neuen Landesvorsitzenden der Hamburger SPD gewählt und ist damit die erste Frau an der Spitze eines Landesverbandes. Im hessischen Langen setzte sich am Freitag die 45jährige Heidemarie Wieczorek-Zeul auf einem Parteitag des mit 83.000 Mitgliedern zweitstärksten SPD-Bezirks gegen den früheren Sozialminister des Landes, Armin Clauss, durch. Frau Wieczorek-Zeul erhielt 161 der insgesamt 300 abgegebenen Stimmen.

„Ich bin dazu bereit, auch Entscheidungen, die ich nicht befürworte, nach außen zu vertreten.“ Traute Müller weiß, was auf sie zukommt. Die Vorsitzende des linken SPD-Kreises Eimsbüttel wurde von einem Parteitag gewählt, den sie als eine der Stamokap-Theorie nahestehende Juso-Funktionärin in der Vergangenheit mehrfach zur Weißglut brachte. Dabei ist sie nicht einmal eine typische 68erin, eine von den in der Hamburger SPD gehaßten ehemaligen Studentenbewegten. Sie absolvierte eine Buchhändler-Lehre, machte das Fachabitur und studierte später Sozialpädagogik. In der Erwachsenenbildung zuhause, leitet sie seit 1987 als Geschäftsführerin das Hamburger Zentrum für berufliche Integration von Arbeitslosen, „ZEBRA“. Nach ihrer Juso -Karriere (Landes- und Bundesvorstand) führt sie den Eimsbüttlerer Kreis seit 1984 an und ist Mitglied des SPD -Landesvorstandes in Hamburg. Die als kämpferisch bekannte Müller will nun die „Konsensbildung“ in der Hamburger SPD „vorantreiben“, ganz im Sinne des von Neubürgermeister Henning Voscherau ausgegebenen „Wir-Gefühls“ der zerstrittenen Partei. Das allerdings wollten ihr viele Delegierte, vor allem aus den rechten SPD-Kreisen, nicht abnehmen. „Traute hat den Dissens stets gefördert, sie hat, statt Brücken zu bauen, Gräben aufgerissen und vertieft“, schrieb ihr Rainer Witt aus Bergedorf ins Stammbuch. Für Überraschung sorgte, daß Alfons Pawelczyk, einer der führenden „Betonköpfe“ für die Wahl von Müller plädierte. Seine Überlegung für diesen Schritt ist, für Kenner der Hamburger Sozialdemokratie jedoch klar: Die als Partei -Linksaußen gewählte Müller dürfte für bei den Elbe-Sozis für so viel Konfliktstoff sorgen, daß die in letzter Zeit etwas abgeschlaffte SPD-Rechte (auch Erfolg ermüdet) ihre Truppen wieder disziplinierter sammelt. Gegen eine linke Parteiführung können sie ohnehin nichts unternehmen. Nach einer Absprache hat dieser Flügel das Vorschlagsrecht für den Vorsitz - dafür dominert im Senat seit jeher die „Betonfraktion“.