HERR DROSTE IST EIN DENUNZIANT

■ Wichlaff werkelt vor Fans im Flöz

Die dumpfeste Free-Blues-Kneipe, das „Flöz“, hat sich ein kompakter Westfale ausgesucht, der sich in Berlin einen Namen als James Dean (oder auch eher Marty Feldman) der Journaille gemacht hat: zornig und jung, von allen nesthegenden Linksspießern unverstanden, ja, geradezu verhaßt kämpft er seit geraumer Zeit mit Worten, die wie Beile durch die Szenen fliegen. Es gibt nichts, wozu er nicht seine mechanische Schreibemaschine bemüht, wir sehen ihn vor uns, wie er des Nachts, lockenraufend, Filterlose rauchend, ein Glas Fusel neben sich, den dicken Daumen der einzig wahren Supermoral in dieLüfte recken möchte, um ungeschminkt auf die unerträglichen Eitelkeiten des anderen Seins aufmerksam zu machen, ja, gleichsam es niederzupeitschen und viele, begeisterte Mienen danken es ihm.

Hysterisch kreischend goutiert so manches deutsches Mägdelein die Beschreibung IHRES Fernsehens, IHRES Dichters. IHRES Freundes, IHRES Lebens, ja gar IHRES Selbst, was der Droste mit prahlerischer Selbstgefälligkeit und unterkieferbetontem Westfalencharme, fast in beliebter deuscher Kabarettistenmanier, stakkatorhytmisch absondert. Als „tückisch“, „teuflisch“, „boshaft“, „niederträchtig“ und „blöd“ denunziert er die meisten seiner Helden, wenn sie greinend und schleimend, meistens noch fettleibig oder gar unmöglich gekleidet vor Drostes gnadenloses Sezierauge treten müssen: der Mensch als Träger der neuen Kaiserkleider, fast hätte er uns getäuscht, aber da kommt schon Droste, der Batman der Wörter, und nudelt alles windelweich. Ob irgendwelche kleinen Moderatorenmädchen, Barschel, Rainer Kunze oder die eigene Großmutter und Onkel Erich... Droste entlarvt sie alle und so manches guttural ausgestoße „Oooohhhccchh“ aus dem Dunkel des Publikums gibt ihm recht und animiert ihn zu weiteren, nicht enden wollenden Rülpsern, die uns eines deutlich klar machen: Hier sitzt Rambo als Rimbaud. Und nicht von ungefähr ähneln die Reaktionen seiner Fans denen, die weiland vor dem Reichstag zu beobachten waren : wenn er sich gerührt über die Begeisterung der Zuhörenden freut, dann schleicht sich ins Westfalenantlitz ein Lächeln, das man sonst nur von einem kennt und liebt: Michael Jackson. Und dann wird auch klar, was der Junge will und worum er so tappfer und verzweifelt kämpft: Liebe, Liebe und nochmals Liebe. Aber, mein Guter, das haben wir dir doch noch und nöcher gezeigt und gesagt, du brauchst dich jetzt nicht mehr so aufzuregen, wir mögen dich, trotz alledem.

Renee Zucker