Wieder Stammheim

■ Zum Urteil gegen Haule-Frimpong und andere

Wieder ein Stammheim-Verfahren, wieder Haftstrafen in enormer Höhe, ohne daß auch nur halbwegs überzeugend konkrete Taten nachgewiesen werden konnten - Routine im Rechts-Staat BRD. Routine wie hierzulande auch die Isolationshaft, jahrelange Untersuchungshaft, die Inhaftierung Schwerverletzter, Todesschüsse durch Polizisten und „Selbstmorde“ im Knast. Die Öffentlichkeit, auch die „kritische“ hat sich an die dauerhafte Verletzung von Menschenrechten hierzulande gewöhnt, nimmt sie gar nicht (mehr) als solche wahr - sie finden schließlich weitab vom eigenen Leben, irgendwo zwischen den Hochsicherheitstrakten, der Tagesschau und den Staatsschutzsenaten statt. Von Flensburg bis Oberammergau dagegen ist die BRD ein demokratisch verfaßter Rechtsstaat - allerdings nur, solange der Generalbundesanwalt es will.

Rebmann, der im Deutschen Herbst die Ermordung von RAF -Gefangenen vorgeschlagen hat, ist nämlich, wie sich auch im Verfahren gegen Haule-Frimpong, Hornstein und Kluth gezeigt hat, keineswegs „nur“ oberster Ankläger der Republik. Ob er nun vom Bundestag die Einführung neuer Gesetze (z.B. die Kronzeugenregelung) fordert oder den Staatsschutzkammern der Gerichte seine noch während des Verfahrens nach Belieben modifizierten Anklageschriften vorlegt: Er bekommt seinen Willen. Das Gesetz kommt vielleicht ein bißchen später als gedacht, die Richter weichen im Strafmaß ein paar Jahre nach unten ab. Das ändert nichts am Prinzip: Der Generalbundesanwalt hat die Richtlinienkompetenz in Staatsschutzangelegenheiten. Und benannt hat ihn noch die sozialliberale Koalition.

Oliver Tolmein