: Wenn alles seinen bürokratischen Gang geht
■ Weil die Ausländerbehörde sich auf einen Abschiebungsbeschluß von 1973 beruft, ist für den Griechen Georgios S. die EG-Freizügigkeit immer noch ein Wunschtraum / Statt Aufenthaltsgenehmigung gab's Abschiebehaft / Odyssee durch die Maschinerie der Ausländerbehörde
Für die Ausländerbehörde wäre es nur die Mühe einer Unterschrift gewesen - für den Griechen Georgios S. hätte es das Ende einer jahrelangen Odyssee bedeutet. Doch die Berliner Behörden stellten sich stur. Statt, wie es nach EG -Recht möglich wäre, einen jahrelang zurückliegenden Ausweisungsbeschluß aufzuheben und ihm eine Aufenthaltsgenehmigung auszustellen, behielten die Beamten in der Puttkamer Straße den Mann gleich in Abschiebehaft. Erst nachdem er die halbe Stadt rebellisch gemacht hat, hat die Innenbehörde reagiert. Man wird den Fall nochmal überprüfen.
Gegen ihn liege ein rechtskräftiger unbefristeter Ausweisungsbeschluß von 1973 vor, erklärte die Behörde unnachgiebig. Nach zwei Tagen durfte er wieder gehen, allerdings ohne Paß und mit der Auflage, bis zum 23.Juni ausgereist zu sein. Das wäre dann das dritte mal, daß Georgios S., der hier als Journalist für die amerikanische Zeitung 'Greek amerikan daily‘ arbeitet, Berlin verlassen müßte.
1966 kam er zum ersten mal in die Stadt. Es war zur Zeit der griechischen Militärdiktatur. 1973 wurde dann seine Aufenthaltsgenehmigung nicht mehr verlängert und er ausgewiesen. Der Grund waren ein Kaufhausdiebstahl im Wert von 100 Mark und ein Verstoß gegen die Meldepflicht.
Ausgereist ist er aber erst 1978. Bis dahin versuchte er ohne Erfolg - auf juristischem Wege gegen seine unbefristete Ausweisung vorzugehen. Ein Jahr später kam er wieder, stellte erneut einen Antrag auf Aufenthaltserlaubnis und wurde kurz darauf abgeschoben. 1982 war er erneut in Berlin, kam in Abschiebehaft und mußte die Stadt verlassen. Doch schon kurze Zeit später reiste Georgios S. wieder ein.
Diesem illegalen Dasein wollte Georgios endlich nun ein Ende bereiten, in der Hoffnung auf die EG-Regelung, die griechischen Arbeitnehmern seit dem 1.1.88 Freizügigkeit innerhalb der Grenzen der Mitgliedsländern garantiert. Obwohl er mit einem Auszug aus dem Melderegister und einer Gewerbeanmeldung bei der Ausländerbehörde vorsprach, berief sich die Behörde auf den alten Ausweisungsbeschluß.
Bei der Innenbehörde gibt man sich jetzt überrascht. In Abschiebehaft sei Georgios S. gekommen, weil er keinen festen Wohnsitz habe, außerdem habe man von seiner Arbeit als Journalist nichts gewußt. In einem „Gespräch“ könne der Fall sicherlich geklärt werden, versicherte der Sprecher des Innensenators, Birkenbeul. Er garantiere außerdem, daß der Mann die Behörde so frei wieder verlassen könne, wie er komme. „Wir haben hier noch keinen festgenommen“.
Doch Georgios S. mißtraut den Behörden. Er will nicht reden, er verläßt sich nur noch auf schriftliches. „Zur Ausländerbehörde bin ich freiwillig gegangen, und die haben mich verhaftet“, sagt er. Nur neutralen Boden würde er akzeptieren, „ein Konsulat oder eine Botschaft“.
Brigitte Fehrle
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