Kein Taxi nach Rom

Erzbischof Lefebvre vollzieht die Bischofsweihe in Econe / Die Erde tat sich nicht auf, statt dessen wurden Lefebvre und die Frischgeweihten exkommuniziert / Schisma damit perfekt  ■  Aus Econe Joachim Franz

Um 11 Uhr war es soweit: Der schismatische Akt begann. Im großen Zelt zwischen den Weinbergen des Rhonetals bei Econe, in dem sich an die 10.000 Anhänger des Traditionalisten -Erzbischofs Marcel Lefebvre versammelt hatten, ergriff der 83jährige das Wort, um die Weihe von vier Bischöfen seiner „Fraktion“ gegen den päpstlichen Willen zu begründen, und damit den Bruch mit Rom perfekt zu machen. Er handle aus dem Zwang, den Seelen zu Hilfe zu kommen, sagte Lefebvre. Es gelte, in einer „Operation des Überlebens“ die „ewigen“ Werte der katholischen Kirche weiterzugeben, die von der „Sekte“ des jetzigen Papstes bedroht seien. Er wolle seine dem „wahren Glauben“ verhafteten Anhänger nicht als „Waisen“ zurücklassen. Nach Lefebvre sind nur von ihm geweihte Bischöfe fähig, die „wahre Kirche“ fortzusetzen. Der nachkonsiliären „Sekte“ Johannes Paul II. warf Lefebvre, der zu Jean-Marie Le Pen engen Kontakt pflegt, vor, sich mit dem Kommunismus, Sozialismus, Modernismus und Zionismus arrangiert zu haben. Kirchenstrafen aus Rom erklärte Lefebvre schlicht für null und nichtig. Schließlich handle er nach Artikel 1323 und 1324 des Canonischen Rechtes, die ein Notstandsrecht vorsehen. Dieser Notstand sei ausgebrochen, so Lefebvre. Man könne demnach auf die päpstliche Beauftragung zur Bischofsweihe verzichten. „Nein“ ließ sich darauf laut und deutlich ein einzelner Papstgetreuer vernehmen. Entsetztes Schweigen im Weihezelt. Einem rüstigen Malteserritter drohte für einen Augenblick das Monokel herunterzufallen. Lefebvre überging jedoch den Protest souverän und betonte, er habe noch am Vorabend abgelehnt, mit dem päpstlichen Nuntius, der bei ihm vorgesprochen hatte, ins Taxi zum Vatikan zu steigen. Zustimmendes Gemurmel aus den Reihen der Traditionalisten, die weltweit an die 100.000 Anhänger zählen. Sie lehnen das Zweite Vatikanische Konzil und eine „Modernisierung“ der Kirche ab. Kurz darauf lagen die vier zur Weihe bestimmten Priester buchstäblich vor Lefebvre im Schweizer Staub. 27O Journalisten dokumentierten das Geschehen. „Der Antichrist sitzt in Rom!“ verkündeten drei aus Frankreich angereiste Aktivistinnen, während die vier Kandidaten gesalbt und mit Bischofsstab und -hut ausgestattet wurden.

Ein Vatikansprecher bezeichnete am frühen Nachmittag die Bischofsweihe von Econe als „schismatischen Akt“, die „automatisch Lefebvres Exkommunizierung “ nach sich ziehe. Damit ist - aller Bemühungen Woytilas in letzter Minute zum Trotz - das erste Schisma in der katholischen Kirche seit 118 Jahren eingetreten.