Portrait of a Lady

■ Folge 1: Die Bremer Komponistin Siegrid Ernst

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„The 5th Congress Women in Music“ ist vorüber. Der Andrang war für ein Festival zeitgenössischer Musik überaschend groß. Die Organisatorinnen können den Erfolg genießen, der sich vor allem durch die langjährige Arbeit erklären läßt, die einzelne Frauen unter unterschiedlichen Aspekten im Bereich „Frau und Musik“ geleistet haben. Unter ihnen ist die Komponistin Siegrid Ernst. Als Mitbegründerin und Vorsitzende des internationalen Arbeitskreises „Frau und Musik“ ist sie bekannt geworden. Im Gespräch mit der taz sieht sie diese Popularität jedoch zwiespältig: „Gut'so bin ich in den deutschen Musikrat gewählt worden und kann dazu beitragen, daß sich Dinge bewegen, aber zum Komponieren und für meine Selbstdarstellung als Komponistin bleibt keine Zeit.“

Sie hat nicht einmal Zeit gefunden, ein längst überfälliges Info über ihre Arbeit herzustellen, während andere Komponistinnen - Siegrid Ernst schwankt zwischen Ironie und leichter Verbitterung - „ganze Koffer voller Informationsmaterial über sich zum Bremer Frauenmusikkongreß mitgebracht haben.“ Es kommt eben auch bei Frau und Musik auf das marktgerechte Verhalten an. Viele Komponistinnen betrachten den Kongreß als Karrieresprungbrett. Siegrid Ernst: „Für die jungen Komponistinnen ist die Situation heute sicherlich günstiger als noch vor wenigen Jahren, obwohl die Situation in Bremen nicht übertragbar ist. Es gibt für die Stellung der Komponistinnen ein Nord-Süd und ein Ost-West-Gefälle. Je weiter frau nach Süden kommt, desto schlechter werden die Möglichkeiten. Wesentlich besser als bei uns ist die Stellung der Komponistinnnen in den sozialistischen Ländern.“

Siegrid Ernsts eigene musikalische Laufbahn begann südlich der Mainlinie. In ihrem gutsituierten, musikalisch interessierten Elternhaus wurde musikalische Begabung unabhängig vom Geschlecht gefördert. Sie lernte zunächst Klavier und Geige zu spielen, nicht ungewöhnlich für ein Mädchen aus gutem Haus. Aus der üblichen Rollenvorgabe fiel Siegrid Ernst erst, als sie ihre Begabung zu komponieren zu einer Berufsausbildung machte. In ihrem Musikstudium war sie das einzige Mädchen in der Kompositionsklasse. Widerstände haben sie herausgefordert: „Mein Kompositionslehrer lobte meine Arbeiten, blieb aber dennoch bei seiner Meinung, daß Frauen nicht komponieren könnten.“ Siegrid Ernst reagierte auf diese immer noch verbreitete Meinung mit Leistungswillen - anders als die junge Musikstudentin, die jüngst an der Bremer Musikhochschule demselben Vorurteil begegnete und erschreckt der Kompositionsklasse fernblieb.

Der Leistungwille wurde belohnt: Als erste Frau in der Bundesrepublik erhielt sie 1967 einen Lehrauftrag für Komposition am Heidelberger Konservatorium. 1981 bekam sie ein Stipendium für die „Cite Internationale des Arts“ in Paris. Ihre Werke wurden in Europa, USA, Mexico und Japan aufgeführt. An der Bremer Musikhochschule unterrichtet sie heute musikalische Analyse. Ihr Wunsch, Komposition zu lehren, wird wohl so bald nicht in Erfüllung gehen. Dazu müßte noch sehr viel verändert werden. Komponieren scheint das Allerheiligste der Musik zu sein.

Andreas LiebergU-Satz:!!!!