„Wir wissen nicht mal, was draußen für Wetter ist“

■ Die taz befragt Menschen in dieser Stadt nach ihrer Meinung zur Räumung des Kubat-Dreiecks

Polizist an der Absperrung: Ja, klar halten wir hier den Kopf hin. Wir schieben hier Überstunden, und der Innensenator macht Stellenstopp. Kollegen stehen hier 35 Stunden am Stück, manche schon mal länger. Naja, wer sich einschleimt, der darf Innendienst machen, aber wer wie ich das Maul aufmacht, wenn ihm was nicht paßt, wird hier draußen eingeteilt.

Frau, ehemalige DDRlerin: Die Räumung war ja wohl zu erwarten, der Staat hier duldet nichts, was anders ist und selbstbestimmt. Die DDR wird die, die rübergetürmt sind, bestimmt als Helden feiern, das ist doch für die ein gefundenes Fressen: Massenflucht in den freien Osten.

Ältere Dame auf dem Maybachmarkt: Habe ich nichts von gehört, Lenne-Dreieck, was ist denn das?

Junges Paar, auch auf dem Markt: Na, das war doch abzusehen, das das passiert, und das die Straße gebaut wird, ist doch auch von vornherein klar. Aber die Besetzung fand ich gut.

Markthändler: Ich hab‘ von der Räumung gehört, aber da kann ich nichts zu sagen, das ist nicht mein Ding, ich hab‘ andere Sachen im Kopf. Man sieht ja, daß die Jungs von der Polizei immer am längeren Hebel sitzen, wenn's drauf ankommt.

Türkische Zeitungsverteilerin: Was, das ist geräumt worden? Das wußte ich noch gar nicht. Ich finde es unmöglich, was die Polizisten unternehmen, aber die Leute interessiert das nicht, nur ein paar Gruppen kümmern sich drum. Egal was passiert, die Leute interessieren sich nicht, sie sagen dann wozu?, warum? Wir leben unser Leben.

Punks am Heinrichplatz: Ey, wir werden umfragt! Na logisch wissen wir von der Räumung, wir waren ja dabei! Na, die Sache ist schiefgegangen, aber wir werden weiterkämpfen. (Rest geht in lauter Musik unter.)

Eine junge Frau im Cafe: Das ist eine ganz große Sauerei. Wir haben gerade gesehen, wie die Leute aus der DDR kamen, aus verschiedenen Bahnhöfen.

Mann: Wie ich heute morgen zur Arbeit gefahren bin, habe ich gesehen, daß vor den meisten U-Bahnhöfen viel Polizei war, die sich alle Leute herausgegriffen haben, die Lenne -artig aussahen. Ich finde auch, es ist 'ne Schweinerei, das da geräumt worden ist.

Junger Mann: Ich bin schon gegen die Autobahn. Ich habe mich geärgert über die Polizei, die mit diesem riesigen Aufwand diese an sich harmlosen Besetzer dauernd kontrolliert hat.

Ganz junger Mann: Das Kubat-Dreieck gehört in die Hand der Besetzer. Ich fand's eine gute Reaktion von der Volksarmee, daß die die Leute mit heißem Tee und Würstchen in Empfang genommen haben und daß sie sie nicht als Trupp über die Grenze geschickt haben, sondern einzeln. Ich fand's auch richtig, daß es eine taktisch gewaltfreie Besetzung war.

Bauarbeiter vor dem SO36: Ich weiß nicht, ob sich der ganze Aufwand gelohnt hat für die Leute. Die Reaktion der Polizei fand ich schon angemessen. Ich bin zwar nicht für „law and order“, aber nach den bestehenden Gesetzen müssen wir uns schon so ein bißchen richten. Wenn ich hier auf der Baustelle gegen Gesetze verstoße, kriege ich auch Kummer mit der Polizei. Aber ich habe viel Verständnis für die Jugend, mir hat mit 18, 19 auch nicht alles gepaßt. Aber man gewöhnt sich dran.

Ältere Frau, von der Arbeit kommend: Da kann man gar nichts zu sagen, der eine sagt so, der andere so, ich hab da keine Meinung.

BVG-Mitarbeiterin am U-Bahnhof Moritzplatz: Räumung? Da wissen wir nichts von. Wir leben hier unten im Tunnel, da sehen sie mal, wie wenig wir wissen, wir wissen noch nicht mal, was draußen für Wetter ist. Die Umfrage macht

Eva Schweitze