Klammheimlich Gen-Labor beantragt

In Hannover wolte der US-Chemiemulti Monsanto in aller Eile und ohne Beteiligung der Öffentlichkeit das größte gentechnische Labor Europas errichten / Grün-Alternative Bürgerliste deckt Verfahren auf  ■  Aus Hannover Jürgen Voges

In aller Eile und noch ohne die demnächst erforderliche Öffentlichkeitsbeteiligung will sich der US-Chemiemulti Monsanto sein seit langem in Hannover geplantes gentechnisches Großlabor genehmigen lassen. Die Monsanto -Tochter Invitron, die im hannoverschen Forschungszentrum „medical-park“ das nach Angaben der Stadt Hannover „größte gentechnologisch arbeitenden Labor Europas“ errichten will, hat am 27.Mai beim Gewerbeaufsichtsamt der Stadt einen Antrag auf Genehmigung ihrer Anlage gestellt. Genau acht Tage vorher hatte das Bundeskabinett in Bonn eine Rechtsverordnung verabschiedet, wonach ab 1.September dieses Jahres für solche Anlagen ein öffentliches Genehmigungsverfahren erforderlich ist, in dem Einwendungen aufgrund von Gefährdungen der Bevölkerung, der Beschäftigten und der Umwelt möglich sind.

Wie die Bezirksregierung Hannover inzwischen mitteilte, hat die Firma Invitron, die es vorher mit der Genehmigung überhaupt nicht eilig hatte und den Bautermin für ihr Labor zum Ärger der Stadt immer wieder verschob, ihren Ende Mai eingegangenen Antrag noch nach dem bisher gültigen Recht gestellt, bei dem nicht einmal der Genehmigungsbescheid der Öffentlichkeit zugänglich wird. Nach Informationen der hannoverschen Grün-Alternativen Bürgerliste (GABL) arbeiten zur Zeit sowohl die beteiligten städtischen Behörden als auch das im Genehmigungsverfahren federführende Gewerbeaufsichtsamt mit Hochdruck, um über den Antrag noch vor dem 1.September zu entscheiden.

Eine solche Entscheidung noch vor dem ersten September müsse auf jedenm Fall verhindert werden, sagte GABL-Sprecher Bernd Ellerbrock gestern vor der Presse in Hannover.

Von seiten der hannoverschen Verwaltungsspitze, so der GABL -Sprecher weiter, seien alle an dem Genehmigungsverfahren beteiligten städtischen Stellen auf schnelles Handeln und beschleunigte Bearbeitung des Invitron-Antrages festgelegt worden. Die Stadt Hannover bestreitet allerdings eine solche förmliche Dienstanweisung. Ein vom hannoverschen Gewerbeaufsichtsamt beauftragter Gutachter, der Virologe Professor Drescher, Fortsetzung auf Seite 2

FORTSETZUNG VON SEITE 1 soll nach Informationen der Grün-Alternativen bis zum 15.August die Sicherheit der Anlage geprüft haben. Die Bezirksregierung erklärte allerdings gestern, dieses Gutachten könne auch mehr Zeit in Anspruch nehmen.

In dem geplanten Labor will die Firma Invitron gentechnische veränderte Säugerzellen im großen Maßstab züchten. Außerdem sollen dort die Verfahren zur Züchtung dieser Zellen erprobt werden. Das Labor, in dem unter anderen Blutverdünnungsmittel produziert werden sollen, wäre neben dem Insulin-Labor von Hoechst eine der ersten Anlagen dieser Art in der Bundesrepublik. Eine Genehmigung des Großlabors nach dem bisher geltenden Recht würde allen Empfehlungen der Enquete-Kommission „Gentechnik“ des Bundestages widersprechen, die unter anderem schärfere gesetztliche Regelungen für die Zulassung von Gen-Labors verlangt hatte.