Nichts gelernt-betr.: "Mittelamerika-Solidaritäts-Bewegung tagt", taz vom 20.6.88 und Leserbriefe, taz vom 28./29.6.88

betr.: „Mittelamerika-Solidaritäts-Bewegung tagt“, taz vom 20.6.88, S. 5, und Leserbrief „Aufgestauter Unmut“, taz vom 28./29.6.88

Der Rauswurf des taz-Redakteurs beim Bundestreffen der Mittelamerika-Gruppen war nicht einfach falsch, wie es das Nürnberger Komitee schreibt, sondern logische Konsequenz des elitären Sektierertums eines Teiles dieser sich obligatorisch als „Bewegung“ selbstüberschätzender Komitees.

Wie anders sollte die „Politik“ des Nichtverbreitens von Informationen, sowohl BRD-weit als auch auf lokaler Ebene, zu verstehen sein? Sehen wir von verschiedenen Ergüssen in diversen Fachzeitschriften für die Dritte Welt ab, so agieren die örtlichen El-Salvador-Komitees nach außen wie Kegelclubs. Ein Beispiel aus München: Frühjahr 1988 jetten zwei Mitglieder des hiesigen Komitees nach den üblichen wichtigtuerisch-konspirativen Vorbereitungen nach El -Salvador, besonders um dort bestehende Kontakte zu Reisen in befreite Gebiete zu nutzen. Nach ihrer Rückkehr Funkstille. Außer der obligatorischen Kleinveranstaltung im vertrauten Kreise - sowie der Berichterstattung in den heimischen WG-Kreisen - außer Spesen (im wahrsten Sinne) nichts gewesen! Es drängt sich der Verdacht eines politisch verbrämten Abenteuerurlaubes auf.

Vom „Eigeninteresse nach außen zu wirken“ (Leserbrief Nürnberg) auch hier keine Spur, und daran wird sich auch nichts ändern, solange man sich darauf beschränkt, die Probleme der Befreiungskämpfe in El Salvador oder anderswo, quasi als Fachthema sich in den immer gleichen, vereinsmeierisch engen Kreisen drehen zu lassen, um seine jeweils reine revolutionäre Linie. Anhand letzterer läßt sich festmachen, welche Gruppe aus welcher Befreiungsbewegung die (aus hiesiger Sicht) „richtigste“ Politik betreibt und somit unterstützenswert sei.

Verständlich, daß so zusammengefunden, Komitee hier und Gruppe vor Ort Dritte Welt, sich gegenseitig die Richtigkeit ihrer jeweiligen politischen Arbeit bestätigen können. Verständlich auch, zumal für deutsche Linke, daß solcherart „Bestätigung“ zur Folge hat, daß alle abweichenden Auffassungen, Kritken etc. als rechts, bourgeois bis rechtsradikal abgetan werden.

Dies hat aber mit Solidaritätsarbeit nichts zu tun, sondern zeigt nur, daß man aus den Spaltereien und Schmierenkomödien der K-Gruppenzeit nichts gelernt hat. So werden dann auch die angekündigten Aktivitäten dieser Komitees zu IWF und Weltbank wohl nichts anderes werden wie gehabt: aufgesetzte Aktiönchen, mal unverständlich, mal lächerlich.

Von wegen: venceremos! So nicht!

Hartwig, München