Verwirrend viele Klageverfahren rund um die WAA

■ Um den Bau der WAA Wackersdorf rankt sich eine langwierige juristische Auseinandersetzung, die auf den verschiedensten Ebenen geführt wird / Einteilen lassen sich die Gerichtsverfahren in vier Gruppen:

Atomrechtliche Teilerrrichtungsgenehmigung I (TEG): 1983 beantragt die Deutsche Gesellschaft für Wiederaufarbeitung von Kernbrennstoffen (DWK) die erste TEG zum Bau der WAA. Dazu wird 1983 ein Sicherheitsbericht in Schwandorf, Regensburg und München ausgelegt. Über 53.000 WAA -GegnerInnen erheben Bedenken gegen den Bericht. Die Einwendungen werden nach dem fälligen Erörterungstermin pauschal zurückgewiesen.

Gegen diese Entscheidung klagen die Bürgerinitiativen. Am 2.April 1987 wird dann vor dem Münchner Verwaltungsgerichtshof verhandelt und die TEG aufgehoben. In der Auffassung des Gerichts ist für den Bau der beantragten Anlagenteile (darunter das Brennelemente-Eingangslager) eine Genehmigung nach dem Atomrecht gar nicht nötig. Einem folgenden Revisionsantrag der DWK wird stattgegeben, und dieser führt zur Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht in Berlin. Am 4.Juli hob das Gericht das Urteil des VGH München auf und verwies den Antrag zur Neuverhandlung nach München zurück.

Atomrechtliche Teilerrichtungsgenehmigung II: Die DWK entschließt sich 1987, nachdem die ersten TEG aufgehoben ist, zur erneuten Beantragung einer atomrechtlichen Teilerrichtungsgenehmigung. In dem im Februar 1988 ausgelegten Sicherheitsbericht wird eine WAA mit völlig neuen Daten beantragt. Das Konzept der Wiederaufarbeitung wird verändert, die Kapazität faktisch erweitert und selbst Bauzeichnungen weichen vom ersten Antrag von 1983 ab. Innerhalb der zweimonatigen Einwendungsfrist legen etwa 850.000 Bürger (darunter 350.000 aus Österreich) Einspruch ein. Um im weiteren Verlauf gegen die beantragte TEG klagen zu können, muß ein möglicher Kläger gegen den Sicherheitsbericht Einwendung erhoben haben. In diesem Verfahren kommt es nun zum Errörterungstermin, der am 11.Juli in Neunburg vorm Wald beginnt.

Bebauungsplanverfahren: Der Bebauungsplan gibt die Rahmendaten für die baurechtlichen „Kunststücke“ ab, die seit Baubeginn am Gelände der geplanten WAA vonstatten gehen. Dieser Bebauungsplan wird im Januar 1988 vom Münchner Verwaltungsgerichtshof aufgehoben, da die „nuklearspezifischen Daten“ bei der Erstellung des Planes unzulässigerweise nicht berücksichtigt worden sind. Nachdem das WAA-Gelände zwischenzeitlich der Gemeinde Wackersdorf zugeschlagen wurde, ist nun der dortige Gemeinderat aufgerufen, einen neuen Plan zu verabschieden. Im Wackersdorfer Gemeinderat halten aber die WAA-Befürworter seit geraumer Zeit die Mehrheit.

einzelne Baugehmigungen: Nach der Aufhebung des Bebauungsplanes kommt es zu keinem Baustopp. Die Betreiber der WAA berufen sich nun auf Paragraph 35 des Bundesbaugesetzbuches, wonach die WAA als „privilegiertes Bauvorhaben“ auch ohne Bebauungsplan weitergebaut werden kann. 40 bis 50 solcher Einzelgehmigungen sind erteilt: für das Zuschütten verschiedener Gräben wie auch für die Errichtung des Brennelemente-Eingangslagers. Auch gegen diese Bescheide haben die WAA-GegnerInnen den Rechtsweg beschritten. Rechtsgültige Entscheidungen wurden bisher aber noch nicht gefälllt. In einem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes haben die zuständigen Richter einen Antrag der Kläger, den Sofortvollzug der Einzelgenehmigungen bis zur Entscheidung der Fachgerichte auszusetzten, am 1.Juli 1988 verworfen. Trotz einer „möglichen faktischen Vorprägung“ entstünde ihnen kein schwerer Nachteil.

wg