Jacksonmania Hungaria

■ oder: Wie wird man ein ungarischer Pop-Fan

Andrea Kozma aus Debrecen (200.000 Einwohner, 800 km von Tschernobyl, an Ungarns Grenze zu Rumänien) ist ein liebenswertes Teenie mit knallrosa Pulli und bunter Plastiktüte. Daraus kramt sie einen Haufen chronologisch geordneter Michael Jackson Artikel, ein türkisgrünes Tagebuch mit handgeschriebenen Aufzeichnungen zum Konzert in Hamburg im ungarischen Originalton und zwei Wörterbücher.

Andrea ist 16 Jahre (sieht sehr schön aus wie 14) und richtig ungarischer Jackson-Fan. „Die gibt es in Ungarn auch“, sagt sie meist auf die entsprechend blöden Habt-Ihr -denn-auch-solche-Platten-Zeitungen-Fans-etc.-wie-wir-im -Westen-Fragen meinerseits, „nur viel weniger.“

taz:Wie wird man in Ungarn ein Jackson Fan?

Andrea:„Ich habe zweimal das Video zu „Bad“ gesehen. Und eine Freundin hat zwei Casetten von Michael. Die hab‘ ich aufgenommen und danach angefangen, alles von Michael zu sammeln.“

Und was gefällt Dir an M.J. so gut?

„Alles. Der ganze Mensch.“

Ihre Freundinnen finden Michael nicht so rundrum klasse. „Die sagen, er sieht aus wie eine Puppe.“ Andrea gefällt übrigens das 84er Puppengesicht am besten.

„Aber auch das 87er. Jedes Gesicht ist ein anderer Mensch.“

Findest Du diese Gesichtoperationen o.k.?

„Es ist hübscher, aber ein bißchen Wahnsinn.“ (Dazu ein hingelächeltes Schulterzucken. Ist auch egal.)

Und das Konzert?

„Das wird mir immer in Erinnerung bleiben. Michael tanzt und macht alles wie kein anderer. Er (Andrea sagt immer „sie“, aber das meint sie, glaube ich, nicht so) gefällt mir jetzt noch besser.“

Andrea, Ex-Kinderchormitglied aus Debrecem, hatte einen Sitzplatz und ein Fernrohr und läßt sich jetzt die Haare wachsen wie er.

Ist ungarisches Konzertpublikum anders?

„Ja, die Stimmung war viel besser in Hamburg. Die Menschen sind lauter, ekstatischer.“

Es ist defintiv keine Überheblichkeit, aber ich finde Andrea einigermaßen rührend. Vielleicht wäre ich einfach auch gern noch mal 16 1/2 und würde gern Zeitungdausschnitte sammeln über meinen allerliebsten Popstar. Petra Höfe