AStA: „Geld zutiefst politisch“

■ Studentenvertretung arbeitete jahrelang mit falschen und unvollständigen Bilanzen / AAL: Sparen beim Telefon, aber nicht am „politischen Kampf“

Seit Jahren hat der Bremer AStA mit offenkundig falschen Haushaltsplänen und unvollständigen Bilanzen Hochschulpolitik betrieben. Nicht nur die StudentInnen der Universität erfuhren erst aus der Zeitung von der katastrophalen Finanzsituation ihres Interessenvertretungs -Organs. Auch das Rektorat, neben dem Rechnungshof zuständig für die Überprüfung der AStA-Bilanzen, hat von der ständig drohenden Pleite nichts gewußt. Uni-Kanzler Ralf Wilken: „Bis 1987 haben wir Finanzberichte bekommen, die mit einem Plus abschlossen“. Für 1988 gibt es bis heute keinen Abschluß. Aber: Während der AStA heute vor allem seit 1983 mitgeschleppte Schulden für die akute Zahlungsunfähigkeit verantwortlich macht, war in den jährlichen und von einer Revisorenkommission abgesegneten Finanzberichten von Schulden nichts zu lesen.

Dafür halten sich hartnäckige Gerüchte über einen auf AStA

Kosten angeschafften Buchhaltungs-Computer. Gesehen haben wollen ihn manche, wo er geblieben ist, weiß angeblich keiner. Stattdessen wurde auf Geheiß des Rechnungshofs ein Buchhalter eingestellt. Der eingestellte Student erwies sich nach 10-monatiger Tätigkeit und 15.000 Mark Gehalt als derart unfähig, daß selbst die alternativen Studentenvertreter per Arbeitsgericht (Kosten: 1.000 Mark) seinen Rausschmiß durchsetzten.

Wer letztlich verantwortlich ist für das 150.000 Marks -Defizit, war auch auf einer gestern einberufenen Pressekonferenz nicht zu klären. Für die Autonome Liste (AL) ist vor allem die Juso-Fraktion und der „künftige SPD -Parteibonze“ und bisherige 2. AStA-Vorsitzende Thomas Schlingmann schuld am Platzen der AStA-Koalition. Einen Grund, sich für die Finanz-Pleite öffentlich zu rechtfertigen, sieht die AL ohnehin nicht. An die gestern geladenen JournalistInnen ließ die

AL eine kurze Erklärung verteilen, in der die Verweigerung eines Rechenschaftsberichts so begründet wird: „Die Presse will einen Skandal, und der soll heißen: Linke verschleudern Steuermilliarden.“

Die mit acht Mandaten größte Fraktion der geplatzten AStA -Koalition, die Alternative AStA-Liste (AAL), räumte immerhin ein, sich nicht um die Finanzen gekümmert und bei ihrem Amtsantritt einen gründlichen Kassensturz versäumt zu haben. AStA-ABM-Arbeiter Ernst Hustädt, der wie eine Reihe von Getränke-, Papier- und Schreibwarenlieferanten seit drei Monaten vergeblich auf sein Geld wartet, erklärt sich das Finanzloch vor allem mit der Unerfahrenheit der Studentenpolitiker.

Falls der bisherige AStA bei den nach den Semsterferien fälligen Neuwahlen wieder eine Mehrheit bekommen sollte, will er die Kasse in einem Stufenplan sanieren. Mit den externen Gläu

bigern (offene Rechnungen von ca. 50.000 Mark) sollen möglichst Stillhalteabkommen geschlossen werden, die uni -internen Schulden von 80.000 Mark bei Fachschaftsvertretungen (Stugas) und AStA-Referaten-sollen ebenso gestreckt werden wie eine offene Telefonrechnung von über 10.000 DM bei der Uni-Verwaltung. Insgesamt sollen statt bislang 160.000 nur noch 125.000 Mark pro Semester ausgegeben werden. Allerdings, so AAL-Vertreter Andreas Wawrzinek: Der „politische Kampf gegenüber repressiver Politik und faschistoider Ausländerfeindlichkeit und Ausverkauf der Uni an das Kapital“ dürfe unter den Sparplänen nicht leiden. Gespart werden könne durch „kritische Durchforstung der abonnierten Zeitungen“, durch Beschränkung von Ferngesprächen und die gewonnene Erkenntnis, daß „auch ein scheinbar trockener Haushaltsplan eine im Grunde zutiefst politische Sache ist.“

K.S.