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Domino sieht schwarz

■ Radikale Einschnitte bei ABM- und Umschulungsmaßnahmen stehen noch bevor

Leicht verwundert betrachteten gestern Bremens MedienvertreterInnen die neuesten Arbeitsamtsstatistiken. Allen öffentlichen Unkenrufen zum Trotz sind dort für Juni 1988 weit mehr TeilnehmerInnen in ABM- und in Umschulungsmaßnahmen verzeichnet als im Vorjahr. Genau gibt es gegenwärtig 3.952 ABM'lerInnen (230 mehr als 1987). An Fortbildungs- und Umschulungsmaßnahmen beteiligen sich 5.957 BremerInnen (851 mehr als im Vorjahr). Arbeitsamtsdirektor Ernst Domino will aber bis Februar 1989 die „Bremse nicht mehr schleifen lassen, sondern anziehen“ und rund 2.000 ABM -und Fortbildungsmaßnahmen einsparen - „sonst werde ich hier vom Tempel gejagt“. Das Milliardendefizit der Bundesanstalt für Arbeit, so mutmaßte Domino, werde vor allem über Kürzungen bei ABM-Mitteln saniert, da arbeitslose Arbeitnehmer keinen Rechtsanspruch auf diese Gelder anmelden könnten. Allein das Bremer Arbeitsamt produziere somit bald 2.000 zusätzliche Arbeitslose und treibe die hiesige Arbeitslosenquote um einen wei

teren Prozentpunkt in die Höhe.

Die Bremer Quote ist gegenwärtig bei traurigen 15,8 Prozent angelangt, „eine Größenordnung“, so Domino, „wie wir sie im Juni eines Jahres noch nie gehabt haben.“ 4.855 BremerInnen meldeten sich allein im Juni arbeitslos, darunter viele Jugendliche, die eine betriebliche Ausbildung absolviert haben oder die gerade von der Schule abgegangen sind. Das Arbeitsamt kann ihnen nur raten, sich im süddeutschen Raum umzutun; in München etwa gibt es einen Überhang von 11.000 Ausbildungsplätzen. In Bremen dagegen haben sowohl Senat als auch Arbeitsamt ihre ausgleichenden Lehrstellen-Programme stark zurückgefahren. „Absurd“ nannte der Amtsleiter diese Spar-Entscheidungen in der Krise, an denen er selbst beteiligt war.

Auf Nachfragen verriet Ernst Domino sein Rezept gegen die steigende Arbeitslosigkeit: „Ich bin für Umverteilung der vorhandenen Arbeit auf alle.“ Zum Lohnverzicht sei er bereit: „Ich bin dick genug. Ich könnte mit Sicherheit was abgeben.“

B.D.

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