Bürger sehen Giftstoffe erst im Teltowkanal

■ Greenpeace-Aktion am Teltowkanal: Informationen über eingeleitete Schadstoffe müssen öffentlich sein / Greenpeace wurde Einsicht in die Wasserbücher verwehrt / Senat wolle Verordnung verwässern / Umweltbehörde: Alle Schadstoffe dabei

Einen ihrer Meinung zufolge „besonders skandalösen Punkt der Berliner Gewässerpolitik“ rückten Mitglieder der Umweltschutzorganisation Greenpeace gestern vor Ort ins Licht der Öffentlichkeit. Um zu beweisen, daß nach dem heutigen technischen Stand Klärwerke nicht in der Lage sind, Schadstoffe wie giftige Schwermetalle und halogenierte Kohlenwasserstoffe aus den Abwässern herauszufiltern, nahmen sie an der Einlaßstelle der Abwässer des Klärwerks Ruhleben in den Teltowkanal in Höhe der Lichterfelder Bäkebrücke Wasserproben. Gleichzeitig errichteten die mit dem Greenpeacelabor-Bus angerollten Umweltschutzaktivisten an dem „Auslaßbauwerk“ eine große Tafel, auf der die Jahreseinleitungsmengen einiger der durch das Klärwerksdruckrohr fließenden Schadstoffe aufgeführt waren: schätzungsweise ca. 20.000 Kilo chlorierte Kohlenwasserstoffe, 10 kg Cadmium, 20 kg Quecksilber, 2.000 kg Blei sowie rund 10.000 kg an weiteren giftigen Schwermetallen.

Angeprangert werden sollte damit der nach Auffassung von Greenpeace unzureichende Vollzug des bereits Anfang 1987 novellierten Wasserhaushaltsgesetzes des Bundes. Es sieht vor, daß Betriebe, die giftiges Schmutzwasser in die öffentliche Kanalisation einleiten, schärfer kontrolliert und nötigenfalls zur Vorreinigung ihrer Abwässer verpflichtet werden. Während Hessen schon im April letzten Jahres eine strengere Indirekteinleiterverordnung mit Begrenzungen für insgesamt 111 Schadstoffe in Kraft gesetzt habe, verzögere der Senat eine entsprechende Verordnung und plane, darin überhaupt nur zehn Schadstoffe aufzunehmen, was die Verordnung „verwässert“, so der Vorwurf von Greenpeace. Daneben wurde kritisiert, daß Greenpeace-MitarbeiterInnen mit dem Hinweis auf fehlendes „berechtigtes Interesse“ vom Umweltsenator der Einblick in die sogenannten Wasserbücher verwehrt worden sei, in denen die industriellen Direkteinleiter von Schadstoffen in die Gewässer der Stadt verzeichnet sind. Greenpeace dazu: „Wer hat denn ein berechtigtes Interesse, wenn nicht die Bürger von Berlin?“

Anders ein Sprecher der Wasserbehörde beim Umweltsenator gestern: „Wer nur wissen will, wie das Wasser nun beschaffen ist, der hat zwar ein Bürgerinteresse, aber nicht im Sinne des Gesetzes.“ Mit den geplanten zehn Leitparametern für Schadstoffe lasse sich die Abwasserbeschaffenheit eines Betriebes hinreichend definieren, weil diese Parameter für ganze gruppen von Schadstoffen ständen.

thok