Bewag sichert den nächsten Smog

■ Trotz neuer Umweltschutzbestimmungen: Bewag-Kraftwerke qualmen weiter / Entschwefelung nur stückchenweise / Den bundesweit vorgeschriebenen Stichtag für die neue Großfeuerungsanlagenverordnung hielt die Bewag nicht ein / Reuter-West läuft noch Probe

Am 1.Juli war der Stichtag. Seitdem dürfen „Großfeuerungsanlagen“ bundesweit ihre Rauchgase nur noch entschwefelt in die Luft geben, so gebietet es eine Bonner Verordnung. Auch die sechs großen Kohlekraftwerke der Bewag müssen ihren Ausstoß nun reduzieren: von bisher etwa 2.000 Milligramm Schwefeldioxid (SO2) pro Kubikmeter Abgas auf nun höchstens 400 Milligramm.

Eigentlich.

Denn nur zwei Berliner Kraftwerke hat die Bewag bislang vollständig entschwefelt. Sonst sind die Rauchgasentschwefelungsanlagen, abgekürzt REAs, immer noch nur teilweise oder gar nicht in Betrieb. „Nur Worthülsen“ habe der Senat geboten, kritisierte deshalb die AL jetzt enttäuscht. Berlin sei das „Schlußlicht“ bei der Erfüllung der Bonner Verordnung. Die Bewag jedoch fühlt sich unschuldig: „Da müssen wir uns gar nicht rechtfertigen“, meint Bewag-Sprecher Möller. Sein Argument: „Wir haben ja die nötigen Ausnahmegenehmigungen.“

48.000 Tonnen S02 schickte die Bewag bisher jährlich in die Berliner Luft. Damit produzierte die stadteigene Gesellschaft 75 Preozent der Berliner SO2-Emissionen.

Am S02-Niederschlag, den Immissionen, war sie - dank hoher Schornsteine und entsprechender Gegengaben aus der DDR - nur zu zehn Prozent beteiligt. Auf 13.000 Tonnen, so Sprecher Möller, will die Bewag ihren Jahresausstoß nun insgesamt verringern.

Doch außer dem Kraftwerk Lichterfelde, wo schon seit Jahren eine REA läuft, konnte die Bewag rechtzeitig zum 1.Juli nur ihr Werk Oberhavel komplett entschwefeln. REAs arbeiten jetzt außerdem an zwei Blöcken des Kraftwerks Reuter-Alt und an einem der drei Kessel des Kraftwerks Rudow.

Die Abgasreinigung für die beiden übrigen Rudower Kessel, verspricht die Bewag jetzt, werde im Juli und im September beginnen. Am 15.Juli soll die REA für Block C in Reuter-Alt den Betrieb aufnehmen. Wenn all diese Anlagen arbeiten, reduziert sich der jährliche S02-Ausstoß der Bewag auf 29.000 Tonnen - immer noch zu spät und immer noch mehr als doppelt soviel wie vorgegeben. Denn erst Ende 1989 werden es auch, wie berichtet, die Kraftwerke in Charlottenburg(über 7.000 Tonnen Jahresausstoß) und Moabit(knapp 5.000 Tonnen) schaffen, die neuen Grenzwerte einzuhalten.

Mit der „beengten Lage“ auf den Kraftwerks-Grundstücken, mit technischen Problemen und veränderten Bauplänen begründet die Bewag die Verspätungen.

Gerade die Rudower Anlage sollte ohnehin solange stillstehen, bis ihre REAs in Betrieb sind. Aber auch daraus wurde jetzt nichts.

Weil der neue Block D von Reuter-West mitsamt REA erst am 18.7. seinen Probebetrieb beendet, muß stattdessen nun Rudow den Berlinern die „Versorgungssicherheit“ gewährleisten. Zum Umwelt-Ausgleich verfügten die Behörden die vorzeitige Stillegung des sogenannten Benson-Blocks im Kraftwerk Reuter. Nur noch als Notreserve darf er nun herangezogen werden.

„Kläglich gescheitert“ sei das Kraftwerksmodernisierungsprogramm des Senats, meint die AL. Zur Begründung verweist sie auf die Schwierigkeiten mit dem Block D. Der sei doch schon im Dezember in Betrieb gegangen. Doch was die Bewag damals groß feierte, das war nur die „warme Inbetriebnahme“. Im Bewag-Deutsch bedeute das, so klärt Sprecher Möller heute auf, nur den Start einer ersten Probephase.

hmt