Schuldenreduzierung statt neuer Kredite

Bisherige Schuldenstrategie als entwicklungsfeindlich eingeschätzt  ■  Von Kurt Zausel

Berlin (taz) - In den politischen Kreisen der USA ist eine Diskussion über die Weltbank und deren Politik in der Schuldenkrise der „Dritten Welt“ entbrannt. Im Brennpunkt der von Demokraten und Republikanern entfachten Debatte steht der seit zwei Jahren amtierende Weltbankpräsident Barber Conable. Dem politischen Ziehkind von US -Finanzminister Baker wird vor allem der Vorwurf gemacht, eine biedere und wenig Erfolg versprechende Strategie des Schuldenmanagements zu verfolgen, die allein auf die Gewährung neuer Kreditlinien vertraut. Hintergrund der Kontroverse ist die von der Weltbank geplante Erhöhung ihres Kapitals um 75 Milliarden mittels einer Quotenerhöhung ihrer Mitglieder. Während bislang 80 Prozent der Weltbankmitglieder ihren Obulus zur Kapitalerhöhung entrichtet haben, steht die endgültige Entscheidung Washingtons über eine Erhöhung des US-Beitrags noch aus. Während bislang Barber Conable den Ressentiments ultrakonservativer Republikanern gegenüber der bürokratischen Ineffizienz der Weltbank durch interne Umstrukturierungen zu begegnen suchte, wird jetzt vor allem von demokratischer Seite eine neue Kritiklinie eröffnet.

Senator Bill Bradley, Spezialist der Demokraten für die Schuldenprobleme der „Dritten Welt“, hat die Debatte entfacht. Einem Bericht des 'Wall Street Journals‘ zufolge hat er der Weltbank und speziell ihrem Präsidenten Conable den Vorwurf gemacht, die konditionalisierte Vergabe immer neuer Kredite führe allein zu einem höheren Schuldenberg, der die politische Stabilität der Länder der „Dritten Welt“ zunehmend bedrohe. Anstelle neuer Kredite sei es für die Weltbank an der Zeit, über Pläne für eine Neubewertung der Schulden einschließlich partieller Schuldenerlässe nachzudenken.

Einer Neubewertung der Schulden der „Dritten Welt“ steht Barber Conable allerdings äußerst reserviert gegenüber. Er beabsichtigt die der Weltbank durch die Kapitalerhöhung zufließenden Finanzressourcen zu einer Ausweitung des Kreditangebots zu verwenden. In den nächsten fünf bis sechs Jahren, so Conable, sollen die Kreditzusagen um jährlich etwa zehn Prozent ausgeweitet werden. Die alternative Möglichkeit, die Kapitalerhöhung für eine von der Weltbank mitfinanzierte Schuldenreduktion zu nutzen, stößt auch auf Ablehnung bei US-Finanzminister Baker. In einer Stellungnahme verwies er darauf, daß dies alein eine Sozialisierung von Verlusten sei, die den Steuerzahlern nicht zugemutet werden könne.

Mitarbeiter der Weltbank sind mit dieser rigorosen Haltung nicht einverstanden. Ohne eine drastische Reduzierung des Schuldenbergs sei jede Entwicklungsanstrengung zum Scheitern verurteilt. Diese Einschätzung wird auch durch eine von Barber Conable selbst in Auftrag gegeben interne Studie bestätigt. Die Studie kommt zu dem Resultat, daß die Weltbank neben der Mobilisierung neuer Kredite sich vor allem um Maßnahmen eines konsensualen Teilschuldenerlasses bemühen müsse.

Barber Conable kann bei seiner starren Haltung auf die Unterstützung der US-amerikanischen Treasury (Schatzamt) vertrauen. Mit der Ernennung Conables zum Weltbankpräsidenten, so Senator Bradley laut 'Wall Street Journal‘, habe die Treasury die Formulierung der politischen Strategie der Weltbank übernommen. Ohne eine Neudefinition der US-Strategie wird es entsprechend auch zu keiner Neubestimmung der Weltbankpolitik kommen. Soll sich in der Politik der Weltbank etwas bewegen, muß sich zuerst die Politik der USA ändern.