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Das jüngste Gericht

■ In Berlin mußte sich die taz verantworten, weil sie Jesum und sogar Wörnern beleidigt hatte

Berlin (taz)- Die alliierte Stadtkommandantur zu Berlin muß entscheiden, ob das Bundesverteidigungsministerium in der geteilten Metropole einen Strafantrag stellen darf. Mit diesem Beschluß setzte gestern das Amtsgericht Tiergarten ein Verfahren aus, das Ex-Verteidigungsminister Manfred Wörner (CDU) gegen eine Redakteurin der taz beantragt hatte.

Der jetzige NATO-Generalsekretär fühlte sich und die Bundeswehr beleidigt durch eine Filmankündigung auf der Fernsehseite. Darin war unter anderem die Rede von einer „Wehrsportgruppe Wörner“, deren „Geschäft das Totmachen von Menschen“ sei.

Dieser „ehrverletzende Artikel“, so die Anklage, richte sich „unmittelbar gegen Teile der Bevölkerung und enthält zugleich einen Angriff gegen die Menschenwürde der Angehörigen der Bundeswehr“.

Ob das Gericht sich mit diesem Vorwurf überhaupt auseinandersetzen darf, steht dahin. Denn es gab zunächst dem Antrag des Verteidigers Jonny Eisenberg statt, eine Stellungnahme der Alliierten einzuholen.

Eisenberg hatte unter Berufung auf den fehlenden Friedensvertrag und den Sonderstatus Berlins darauf aufmerksam gemacht, daß die Bundeswehr noch nicht mal einen Brief nach Berlin schreiben oder gar dort anrufen darf. Im übrigen sei die „Bundeswehr in ihrem Bestand in Berlin nicht geschützt“.

Mit den Worten „Wir lassen uns nicht verdrießen“ leitete Richter Scholz über zu dem zweiten Verfahren gegen die taz -Redakteurin. 70 Tagessätze forderte die Staatsanwältin als Sühne für Volksverhetzung und Beleidigung in Tateinheit mit Gotteslästerung. „Jedem Durchschnittsleser ohne besondere Intelligenz“ sei „klar erkennbar“, daß die taz Ostern 1987 in drei Karikaturen und einem Artikel „das Abendmahl, Leiden und Kreuzigung Jesu in den Dreck gezogen“ habe (vgl. taz vom 5.7.88). Das Urteil wird am kommenden Dienstag verkündet.

peb

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