Neurotiker made in Germany

■ Klaus Buebs „Adrian und die Römer“: Ein neurotischer Single in der Midlife-Crisis, mit pikantem Dreiecksverhältnis, möchte gern an Woody Allen erinnern und gibt sich viel, viel Mühe. Zu viel.

„Wenn Du originell sein willst, schreib nicht, der Film würde an Woody Allen erinnern. Das schreiben nämlich alle“, riet mir einer der Schauburg-Betreiber vor der Pressevorführung von „Adrian und die Römer“. Gelesen hatte ich das auch schon und mir bereits heimlich vorgenommen, auf diesen Vergleich zu verzichten, komme, was wolle. Denn immerhin war mir der „Adrian„-Drehbuchautor, Regisseur und Hauptdarsteller Klaus Bueb schon 1986 in Pia Frankenbergs Film „Nicht nichts ohne Dich“ als schön doof und knarzig aufgefallen, als einer, der nicht mit Vergleichen aufgewertet werden muß, weil er mit eigenen neurotischen Ungezogenheiten aufwarten kann - ein skurril-verschnupfter Hans Krampf in allen Gassen.

Eben darum hatte ich mich auf seinen Film gefreut, und wenn man die üblichen teutonischen Lustspiel-und Kreischfilme (Hallervorden, Krüger & Co) zum Maßstab nimmt, ist dieser Adrian mit seiner Beziehungs-reichen Midlife-Crisis durchaus erträglich. Wenn man ihn aber an seinem eigenen Anspruch mißt, eine ironisch-leichthändige Dreieckskomödie zu sein, ist es leider ein fader und - jetzt muß es doch gesagt sein

-ziemlich bemühter

„Stadtneurotiker„-„Manhattan„- Verschnitt geworden, der plump mit Woody Allen liebäugelt und ihm doch nicht das neurotisierte Wasser reichen kann.

Der deutsche Single Adrian wird eines Tages von einem Menetekel an der Wand - einer riesigen „41“ - aufgeschreckt und zum Psychiater getrieben, der auf den rumpelnd anspielungsreichen Namen „Schikaneder“ hört und natürlich selber hochneurotisch ist. Das hat man ja von irgendwoher schon leise läuten hören, daß mit den Psychiatern so recht kein Heilungsprozeß zu bewerkstelligen sei.

Jedenfalls blickt Schikaneder bald nicht mehr durch die verschlungenen Liebes-und Kindheitspfade seines Patienten, der vor sich hinnölt und seinerseits nach Durchblick lechzt

-aber auch wieder nicht. Verliebt hat sich Adrian, der unlängst von Nadja verlassen worden ist, weil er „kein Mann fürs Leben“ sei, in „die Römer“: eine reife Mutter und ihre knackige Tochter, mit Nachnamen eben „Römer“. Außerdem arbeitet er beim Fernsehen, wo sich dauernd Redakteurs -Karikaturen durch die Flure schieben und mehrfach wörtlich „die Redundanz, Brelow, wo bleibt die Redundanz? “ anmah

nen, damit auch noch der begriffsstutzigste Zuschauer merken kann, daß hier der marode Fernsehjournalismus durch den Kakao gezogen wird.

Und in dieser Single-Midlife-Couch-Liebes-Fernseh -Geschichte wird nun manches Klischee bemüht, das man von verwirrten Film-Existenzen kennt: Trotz uferloser Liebesgelüste ist Adrian natürlich immer, wenn's ernst wird, impotent. Kochen kann er auch nicht und läßt sich daher das Verführungsessen für seine jeweilige „Römerin“ vom Chinesen oder vom Italiener kommen.

Damit es noch zusätzlich recht komisch wird, bringt ein Chinese das italienische, ein Italiener hingegen das chinesische Eßpaket. Und beide Damen versucht Adrian mit dem selben Erotik-Kunst-Band scharf zu machen, den er wie zufällig auf einem Tisch plaziert.

All solche Einfälle lassen ihre Absicht, Hilflosigkeit zu parodieren, durchaus noch erkennen, und eigentlich stürzt keine Szene so richtig ab ins Peinlich-Witzige, aber es schwingt sich auch keine Szene auf in die luftigen Höhen des tragikomischen Zaubers, den ein herumstolpernder Neurotiker haben kann. Wie man von Woody

Allan weiß.

Bueb und seinem Film fehlt es genau an diesem Charme der scheinbaren Absichtslosigkeit, an der Kunst des beiläufig inszenierten Psycho-Chaos. Jede Szene dauert ein bißchen zu lang, jeder Dialog ist ein bißchen zu deutlich-ausgewalzt, um Augen und Sinne noch verführen zu können. Wenn er etwa die propere Mutter Römer auf der Straße trifft, gibt es zunächst ein ausgiebiges Menschengerempel und Hin-und Hergeschiebe, bis Mutter Römer schließlich auch noch sagt: „Hier können wir nicht ste

hen bleiben.“ Das mußte kommen, und genau darum ist es vollständig überflüssig. So überflüssig wie Adrians hochnotpein- liches Telefongespräch mit Mutter Römer, bei dem er sich herausreden muß und deshalb fürs Publikum grimassierend auf die Lippen beißt, den Kopf kratzt, mit der Hand wedelt und damit der delikaten Situation per gestischem Holzhammer den Garaus macht. Was Fernsehjournalist Adrian im Film an „Redundanz“ vermissen läßt, bietet der Filmer Bueb im Überfluß.

Sybille Simon-Zülch

Schauburg, 19 Uhr.