Eine Konferenz für Tenever

■ In den Stadtteil kommt Bewegung / DKP fordert 50-Millionen-, das Ortsamt 20-Millionen-Programm / „So schnell haben die Behörden noch nie gearbeitet“

Anfang nächsten Jahres will die DKP-Wohngebietsgruppe in Osterholz-Tenever eine große „Tenever-Konferenz“ veranstalten, um nach Wegen zu suchen, dem „Ghetto„ -Stadtteil wieder auf die Beine zu helfen, der von den Politikern „im Stich gelassen wird“. Ein Drittel der TeneveranerInnen erhält Sozialhilfe, und der Anteil von AusländerInnen und AussiedlerInnen steigt. Außerdem ist Tenever der kinderreichste Ortsteil Bremens - zugleich sind Schulen und Einrichtungen für Kinder katastrophal überbelegt.

Von einer „Schlafstadt“ kann ohnehin nicht mehr die Rede sein: Die hohe Arbeitslosigkeit hat dafür gesorgt, daß Tenever für die meisten BewohnerInnen zum Lebensmittelpunkt geworden ist. Und umgekehrt gibt es eine regelrechte Stigmatisierung: Allein

eine Adresse in Tenever, etwa in der Neuwieder Straße, sorgt für Benachteiligung bei der Bewerbung um eine Lehrstelle oder einen Arbeitsplatz, und wer dort ein Telefon beantragt, muß damit rechnen, daß die Post erst einmal ein Deponat verlangt. Nicht einmal auf Entlastung bei den Mieten ist zu rechnen, denn die Zeiten des Wohnungs-Leerstandes sind vorbei. So stehen von den etwa 850 Gewoba-Wohnungen in Tenever nur noch 33 leer, seit die „geburtenstarken Jahrgänge“ in der Form von „Kleinhaushalten“ auf den Wohnungsmarkt drängen.

Ein „Sonderprogramm“ in Höhe von 50 Millionen Mark, dessen Kern ein neues Bürgerzentrum mit angegliederten Aus- und Weiterbildungs-Werkstätten werden soll, hatte die DKP schon im April auf einer „Hilferuf„-Pressekonferenz gefordert, an

der auch SPD-Ortsamtsleiter Gero Rosik teilgenommen hatte (vgl taz vom 13.4.). „Ja, die Bewohner von Osterholz -Tenever müssen zusammenhalten“, sagte Rosik gestern auf die Frage, ob er auch an der geplanten DKP-Konferenz teilnehmen werde.

„Resignation und Hoffnungslosigkeit machen sich breit“, klagt Joachim Barloschky von der Wohngebietsgruppe. Doch durch die „Initiativen vor Ort“ ist nun auch die Ortsamtsverwaltung rege geworden. „Ich habe die Behörden noch nie so intensiv arbeiten gesehen“, lobt Rosik erstaunt. Ein Entwurf für ein Programm der Verwaltung über rund 20 Millionen Mark liegt inzwischen vor, und nach der Sommerpause wird sich ein Sonderausschuß des Beirats konstituieren.

Vordringlich ist der Neubau eines Kinderhorts (taz, 15.6.), für

dessen Unterhalt Finanzsenator Grobecker „keine müde Mark“ übrig hat. Der Hort nimmt derzeit noch Platz in der Grundschule Andernacher Straße in Anspruch. Die Schule ist ebenfalls überfüllt, Grundschulklassen müssen in das Schulzentrum Koblenzer Straße ausgegliedert werden, weil in den letzten Monaten viele kinderreiche Familien aus der DDR und osteuropäischen Ländern nach Bremen gekommen sind. Rosik: „Der Finanzsenator kann nicht nein sagen. Der Senat muß sich was einfallen lassen.“

Daß Tenever vielleicht zu einer Art Pilotprojekt werden kann, hat nach Rosiks Ansicht ebenfalls mit der Bewegung vor Ort zu tun. Zwar gibt es auch andere heruntergekommene Hochhaus-Siedlungen in Bremen, allen voran die Grohner Düne. Rosik: „Aber dort gibt es keine Initiative“.

mc