Q U E R S P A L T E Der letzte Mohikaner

■ Reagans Justizminister Meese tritt ab

Reagans skandalumwitterter Justizminister ist der letzte von dessen alten kalifornischen Freunden, der seine Dienste quittiert. Meese sei noch mehr als kriminell, heißt es in Washington, wo in den letzten Wochen Plakate auftauchten, auf denen steht: „Experten sind sich einig: Meese ist ein Schwein“. Weil die Plakate immer wieder abgekratzt wurden, tauchte der Spruch bald auch auf T-Shirts auf. In einer schlagzeilenträchtigen Konfrontation setzte die Bürgerrechtsvereinigung ACLU durch, daß ein Fahrradbote, der mit einem solchen Schweine-Meese-Hemd ins Justizministerium wollte, Einlaß bekam.

Was machen wir nur ohne Ed Meese? Niemand symbolisierte die ethische Verkommenheit dieser Administration besser als er. Meese, so der Sonderankläger McKay am Dienstag, habe sich bei seiner innigen Verquickung von Geschäft und Politik zwar nicht strafbar gemacht, aber zahlreiche ethische Fragen über sein Verhalten aufgeworfen. Auf juristischem Gebiet war Meese eine noch bessere Zielscheibe für Reagan-GegnerInnen: Er bestritt, daß die Rechtsprechung des Supreme Court in juristischen Streitfragen ausschlaggebend sein müsse, er behauptete, daß niemand festgenommen werde, der nicht auch was ausgefressen habe - doch als er selbst unter Beschuß wegen diverser Vergehen kam, meinte er trotzig, schließlich gebe es doch so etwas wie eine generelle Unschuldsvermutung! Ein Standpunkt - so ein sarkastischer Senator -, der einem Bankräuber, nicht aber einem Justizminister angemessen sei. Der Gipfel kam aber mit Iran-Contra: Im entscheidenden Verhör mit Oliver North gab er diesem nicht nur indirekte Hinweise, welche Dokumente er möglichst noch durch den Reißwolf jagen solle, sondern ließ ihm dazu auch noch drei Tage Zeit.

Nun tritt er also wirklich zurück. Viele Amerikaner atmen auf. Doch die Journalisten, Karikaturisten und Kabarettisten trauern ihm nach - mehr noch als den anderen Reaganistas, die schon früher den Absprung ins lukrative Lobbyisten-Leben geschafft haben. Wir werden keinen Skandal-Ed mehr haben, den wir herumkicken können.

Stefan Schaaf