Müllkübel zum Feiern

■ Die Idee kam von den Punks / Eine Geschäftsfrau und der grüne Bürgermeister setzten sie durch: Ein Müllcontainer auf der Sielwall-Kreuzung für die Punk-Feten

Fünf Wochen dauerte der Kampf, gestern morgen kam der Sieg in Gestalt eines großen, häßlichen, verzinkten Müllcontainers auf die Sielwallkreuzung. Dort hinein sollen die Punks nun nach der alltäglichen Fete ihre Bierdosen und anderen Abfälle werfen, damit Müllberge nicht länger die Kreu

zung verunzieren.

Die Siegerin heißt Almut Daasch. Sie ist Inhaberin des Bekleidungsgeschäfts Rehme, Damenmoden - Trachten, vor dessen Schaufenster die Punks Nachmittage und Nächte hindurch auf dem Pflaster sitzen, Musik hören, Bier trinken, tanzen, kurz: ihr Leben genießen.

Frau Daasch hat nichts gegen diese Leute: „Ich komme gut mit denen aus“. Auch die Feten toleriert sie: „Es gibt Schlimmeres“. Aber der Dreck. Jeden Morgen vor Geschäftseröffnung mußte sie den zusammenfegen und in ihrem eigenen Mülleimer unterbringen. „Das will ich nicht mehr, da müssen wir eine Lösung finden“, sagte sie eines Tages zu den Punks. Deren Antwort: „Wenn du es schaffst, daß ein Ascheimer hierherkommt, schmeißen wir den Abfall da auch rein.“

Anfang Juni, als die Fest-Saison am Sielwall-Eck so richtig losging, wandte sich Almut Daasch an den neuen grünen Ortsamtsleiter Dietrich Heck. Zu ihm zu gehen, da habe sie nicht so eine große Hemmschwelle gehabt wie bei seinen Vorgängern, berichtete sie der taz, Heck sei eben ein Mensch, den man ansprechen kann. Heck wandte sich an die Behörden und stieß auf doppelten Widerstand: Ein Mülleimer auf öffentlichem Grund, das gehe nicht, hieß es aus dem Amt für

Stadtreinigung. Denn dann könne ja jeder kommen und seinen Dreck dort hineinwerfen, vielleicht gar noch den eigenen Mülleimer einsparen. Auch der Kontaktbereichs-Beamte der Polizei hatte Bedenken: Ein Mülleimer sei zwar kein Möbel (ein Couch hatte die Polizei kurz zuvor entfernt) würde dem Punk-Treff aber doch eine „erhöhte Aufenthaltsqualität“ geben.

Derart blockiert, stieß Viertel-Bürgermeister Heck zur Behördenspitze vor: Er konnte den Senatsdirektor der Innenbehörde, Hans-Jürgen Kahrs, für die Idee der Punks gewinnen. Die unteren Beamtenchargen wurden angewiesen und gehorchten.

Der Container tut nun seinen

Dienst. Versuchsweise. Zwei Monate soll er an der Sielwall -Kreuzung bleiben und dann wieder eingezogen werden - wenn die Punks ihren Müll nicht immer fein säuberlich dort hineingeworfen haben. Das wollen sie aber tun, sagten Jens und Uwe gestern vor Ort. Auch Almuth Daasch ist optimistisch: „Das schaffen wir“. Die Punks finden, daß ihr Platz durch den Kübel wohnlicher geworden ist: „Jetzt könnten wir eigentlich ein paar Campingstühle mitbringen“, meinte Jens gestern. Mit ihren Mitkämpfern sind die Punks zufrieden. Die Frau Daasch aus dem Trachtenladen sei „voll gut drauf“, sagen sie, und „Hucky, der ist auch okay.“

mw