piwik no script img

DOKUMENT

■ Zur Berufung des Malers Volker Stelzmann an die Hochschule der Künste, Berlin

Wir unterstellen, daß die Ereignisse der letzten vier Wochen der interessierten Öffentlichkeit bekannt sind. Eine kleine Gruppe der ewig Gestrigen, Unverbesserlichen, der Verhinderer neuer Tendenzen in der Kunst möge ihre Befriedigung haben. Es hat sich fatalerweise herausgestellt, daß die Gedankenlosigkeit des Fachbereichs 1 der HdK Berlin nur hätte gelöst werden können, wenn der Wissenschaftssenator die berufungsliste dem Absender wieder zurückgegeben hätte.

Es geht hier auch um den Menschen und den Maler Stelzmann. In erster Linie jedoch um seine Haltung als Lehrer und Förderer des künstlerischen Nachwuchses, dessen Ziel es sein sollte, die Realität zu befragen und ungesicherte Antworten zu geben, das heißt, interessante Bilder zu malen und zur Diskussion zu stellen. Diese Arbeitsfelder sind experimentell, offen, verletzend (vielleicht) und verletzbar. Ein Bild zu erarbeiten, braucht Handwerk, dennoch bildet der Fachbereich Freie Kunst weder Handwerker noch Kunsthandwerker aus. Die Studierenden, besser: die jungen Künstler brauchen als Vorbild keine leeren Hülsen, keine Geschichtsbücher, die obendrein noch falsch geschrieben sind.

Die Berufung von A.R. Penck war eine vorbildliche Entscheidung der Kunstakademie Düsseldorf. Es ist tragisch, daß hier, in Berlin, dem Schnittpunkt Ost-West, der besten Möglichkeiten zur Begegnung junger Künstler - aus dem Prenzlauer Berg und Kreuzberg zum Beispiel - ein Mann berufen wurde, dem seine vita im Wege steht, um das Vertrauen einer kritischen Jugend zu gewinnen. Er ist ein „großes deutsches Talent“ der Anpassung. Wir brauchen aber gerade im Fachbereich 1 mutige, innovative und empfindsame Anregerinnen und Anreger.

gez.

Achim Freyer, Raimund Girke, Kuno Gonschoir, Bernd Koberling, Dieter Schnebel, alle Lehrer an der HdK, Berlin im Juli 1988.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen