Blaues Auge für "Beule": "Beule oder Wie man einen Tresor knackt"

(„Beule oder Wie man einen Tresor knackt“, Mittwoch, ARD, 20.15 Uhr) Eine ins Absurde schweifende Geschichte, verzweifelt komische Charaktere und knappe, bitterböse Dialoge - Norbert Klugmann und Peter Mathews haben den bundesdeutschen Krimi auf den Kopf gestellt. Mittwoch abend schlug das Imperium zurück: Die ARD, Hauptfinanzier der biederen bundesdeutschen KrimiautorInnen-Schar hat die beiden subversiven Sarkastiker eingekauft und ihren Erstling, „Beule oder Wie man einen Tresor knackt“, von Regisseur Ralf Gregan ins Senderaster einpassen lassen - und hastenichgesehn, weg war der Charme, und der bundesdeutsche Krimi stand wieder brav auf beiden Beinen mitten im Klischee.

Was von dem ganz und gar eigenwilligen Buch blieb, waren ein paar hinreißend ätzende Dialoge zwischen ins Müsli muffelnder Tochter und verquälten Sehnsüchten nachhängendem Vater; und es blieb der Plot: Aber der ist, schon der zweite Blick ins Orginaltaschenbuch klärt darüber auf, bei Klugmann/Mathews nicht mehr als eine schöne Nebensache. „Nicht schlecht die Szene mit den Amerikanern, was? Wir haben sie dennoch gestrichen. Keine weitschweifigen Einleitungen. Der Plot muß rasen.“

Was im Buch auf Seite acht (die gestrichenen Seiten zählen mit) noch feine Selbstironie ist, wird in der Verfilmung zum ernsten Bemühen. Die Geschichte des roten Tresors aus der Werbeagentur Wegemann, der erst von zwei Gelegenheitsgaunern gestohlen, dann vom Versicherungsangestellten Borbet gefunden und schließlich, weil leer, seinem Besitzer wieder übereignet wird, liefert eigentlich nur die Kulisse, vor der sich der wenig geniale Dilettantismus des Kriminalassistenten Golze, die verschwitzten Phantasien von Borbet und die fies-freundliche Professionalität der Reporterin Puttel entfalten können.

In der Verfilmung muß sich aber gar nichts mehr entfalten: Der erste Auftritt einer Figur genügt, und schon sind alle weiteren klar. Die freundlichen HamburgerInnen mit Hang zum Schrebergarten und den großen Sehnsüchten im Kopf, im Buch vielseitig-verschroben, entsprechen auf dem Bildschirm platten Klischees: Borbet dem des miesen Spießers, seine Frau Marianne dem der dummen Hausfrau und Kommissar Fleischhauer tapert als Groucho-Marx-Verschnitt durchs Bild. Da bleibt nur eines: „Flieg, Adler Kühn“ lesen, solange es noch nicht verfilmt ist, und Rowohlt soll seine Krimiautoren gefälligst von Stund‘ an so gut bezahlen, daß sie diesen Krimisommertheaterfernsehquatsch nicht durch Abliefern von Drehbüchern und Verkauf ihrer Ideen mitmachen müssen.

Oliver Tolmein