: SPD und SED wollen „Vertrauenszone“ schaffen
■ Arbeitsgruppe der beiden Parteien legt Vorschläge zu „vertrauensbildenden“ Maßnahmen in Zentraleuropa vor / Informationsaustausch, Satellitenbeobachtung und „heiße Drähte“ im Gespräch
Bonn (dpa) - Für die Schaffung einer „Zone des Vertrauens und der Sicherheit“ in Zentraleuropa haben sich SPD und SED ausgesprochen. Die gemeinsame Arbeitsgruppe der SPD -Bundestagsfraktion und des Zentralkomitees der SED legte dafür am Donnerstag in Bonn eine Reihe von Vorschlägen vor.
Im einzelnen schlagen SPD und SED allen Teilnehmerstaaten der Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE) vor, „Zentren der Vertrauensbildung“ zu schaffen. Sie sollen militärische Informationen und Beobachtungen ständig austauschen, um die Regierungen in die Lage zu versetzen, Konflikte politisch zu regeln.
Vorgeschlagen wird auch eine gemeinsame europäische Satellitenbeobachtung, deren Ergebnisse allen Ländern in Ost - und Westeuropa sowie auch den USA und Kanada zur Verfügung stehen sollen. Ebenfalls vorgesehen ist die Einrichtung von „heißen Drähten“ zwischen allen Staaten in Zentraleuropa nach dem Vorbild der Direktverbindungen zwischen Moskau und Washington.
Um die jeweils andere Seite davon zu überzeugen, daß keine Absicht für einen Überraschungsangriff besteht, wird in dem Papier weiter vorgeschlagen: Manöver mit mehr als 20.000 Soldaten sollen zwei Jahre vor Beginn angekündigt werden, Militärübungen mit mehr als 40.000 Soldaten sollen überhaupt nicht mehr stattfinden, in die ankündigungspflichtigen Manöver sollen künftig auch Seeübungen eingeschlossen werden, die Untergrenze für meldepflichtige Militärübungen soll weiter herabgesetzt werden. Als weitere vertrauensbildende Maßnahme wird vorgeschlagen, die Zahl der Manöver außerhalb von Truppenübungsplätzen deutlich zu begrenzen und keine Übungen mehr in der Nähe der Grenzen zwischen NATO und Warschauer Pakt abzuhalten.
Bahr betonte, mit diesen Vorschlägen würden Waffen weder verringert noch entfernt. Sie widersprächen auch keinem Beschluß des westlichen Bündnisses. Die Bundesregierung sei jetzt aufgefordert, diese Initiative aufzugreifen und bei den laufenden Abrüstungsverhandlungen dazu Stellung zu beziehen.
Die Initiative ist der dritte gemeinsame Abrüstungsvorschlag beider Parteien. Zuvor waren bereits gemeinsame Positionen zur Bildung eines atomwaffenfreien Korridors und einer chemiewaffenfreien Zone in Mitteleuropa entwickelt worden, die bei der Bundesregierung auf Ablehnung gestoßen waren. Im Herbst sollen weitere Gespräche zwischen SPD und SED zur Abrüstung in Europa aufgenommen werden.
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