Mit dem Latein am Ende

■ Bonner Haushalt ohne politisches Konzept

In vornehmster parlamentarischer Tradition soll der Haushalt die künftigen Gestaltungslinien der Politik zum Ausdruck bringen. Diesen Maßstab ernst genommen, läßt sich für die Zukunft der konservativ-liberalen Koalition wenig Gutes erwarten. Der Haushalt 1989 und die mittelfristige Finanzplanung lassen keine klare politische Konzeption erkennen. Hemmungloser Lobbyismus sind seine Markenzeichen.

Trotz der hohen Zuwachsrate des Haushalts ist Stoltenberg weder zu einem unfreiwilligen Keynesianer konvertiert, noch ist die Koalition plötzlich auf einen expansiven Kurs umgeschwenkt. Verhindert hat dies der einfaltslose Fiskalismus der Bonner Koalition, der darüber hinaus auch das kleine Einmaleins der Haushaltspolitik sträflich verletzt. Die potentiell expansiven Impulse des Haushaltes werden hauptsächlich bei den oberen Einkommensbeziehern landen - und auf den nationalen und internationalen Geldmärkten verschwinden. Eine staatlich subventionierte Geldvermögensbildung, die jeder ökonomischen Vernunft spottet. Schlichtweg unseriös ist, daß die Neuverschuldung von 32 Mrd. DM die Summe der Investitionsausgaben übersteigt. Dieser Verstoß gegen den Artikel 115 des Grundgesetzes müßte den Konservativen eigentlich die Schamesröte ins Gesicht treiben, haben sie doch 1982 in der gleichen Sache gegen die Regierung Schmidt eine Verfassungsklage eingeleitet.

Während der sozial-liberalen Koalition von der damaligen Opposition noch als fiskalpolitischer Skandal bezeichnet, stützt Stoltenberg nun seinen Ruf als Sparmeister der Nation auf die Überweisungen der Bundesbank. Sollte der Dollar Ende des Jahres deutlich über dem von der Bundesbank in die Bilanz eingestellten Kurs liegen, wird der Scheck aus Frankfurt entfallen. Dann wäre eine neue Sanierungsrunde fällig. Ob die noch von Stoltenberg durchgeführt werden wird?

Kurt Hübner