„Der CSU heftig einheizen“

■ Peter Glotz zu seiner Meldung als Spitzenkandidat für die bayerische SPD

I N T E R V I E W

taz: Herr Glotz, sie haben sich auch für ihre SPD-Kollegen überraschend als Kandidat für die bayerische Landtagswahl 1990 gemeldet.

Glotz: Ich möchte mich wieder voll auf den Süden und auf Bayern konzentrieren. Ich bin seit einem dreiviertel Jahr Vorsitzender der südbayerischen SPD und ich habe gespürt, daß es notwendig ist, ein noch größeres Zeitbudget auf München und Bayern zu legen. Und im übrigen ist die CSU in einer Situation, in der man ihr heftig einheizen sollte. Dazu möchte ich beitragen. Sie ist in einer wirklichen Krise.

Was würde der Kandidat Glotz anders machen als der Kandidat Hiersemann?

Der Kandidat Peter Glotz und der Kandidat Karl-Heinz Hiersemann haben vereinbart, nicht übereinander zu reden, sondern über die Sache. Ich halte drei Akzente für wichtig. Erstens eine Öffnung der SPD für sozusagen fremde Biotope: das heißt auch für Gruppen, die uns nicht nahestehen. Zweitens ein stärkeres Kümmern um die jüngere Generation, und zwar auch um solche, die von der ganzen Politik angewidert sind. Und drittens ein kritischer Dialog mit der Unternehmerschaft, vor allem mit der kleinen und mittleren Industrie.

Was sind das, fremde Biotope?

Die SPD ist seit 1957 in Bayern in der Opposition. Daraus folgt bei manchen von uns eine Minderheiten-Psychologie. Das heißt wir trauen uns an bestimmte Gruppen überhaupt nicht mehr ran. Dazu gehören höher qualifizierte Angestellte, die technische Intelligenz und dazu gehört auch ein Teil der klassischen Arbeitbenehmer, der bei uns zu einem höheren Prozentsatz als in anderen Teilen der Bundesrepublik konservativ wählt.

Innerparteilich werfen ihnen Kritiker wie Ludwig Stiegler vor, daß in einer Zeit, in der die CSU unübersehbare Schwächeerscheinungen zeigt, ein erfahrener Politiker wie Sie der Partei keine kräftezehrende Personaldiskussion aufzwingen darf.

Das geht eindeutig gegen mich. Aber Stiegeler irrt. Eine demokratische Auseinandersetzung zwischen zwei Kandidaten hat nichts mit kräftezehrenden Auseinandersetzungen zu tun. Die Gegenkandidaturen von Johannes Rau und Friedhelm Farthmann oder Gerhard Schröder und Anke Fuchs haben den jeweiligen Landesparteien niemals geschadet, sondern im Gegenteil nur genützt. So wird es in Bayern auch sein.

Die Bayerische SPD hat in den letzten Wahlkämpfen versucht, sehr volkstümlich auf die Wähler zuzugehen. Würde sich dies mit einem Spitzenkandidaten Peter Glotz ändern?

Ich glaube, daß man nicht den Versuch machen darf, die CSU zu kopieren. Weder die Figur von Strauß noch das gesamte Lay -Out der CSU-Wahlkampftechnik. Krachlederne Volkstümlichkeit wäre von Peter Glotz nicht zu erwarten.

Gibt es vor der Europawahl 1989 eine innerparteiliche Zerreißprobe, wenn über den Spitzenkandidaten entschieden werden soll?

Kontroverse Personalentscheidungen in demokratischen Parteien als Zerreißprobe zu bezeichnen, ist eigentlich ziemlich schwachsinnig.

Haben Sie sich schon für die anstehende Landtagswahl eine Lederhose zugelegt?

Als junger Landtagsabgeordneter vor 20 Jahren habe ich einen Trachtenanzug besessen. Er ist verschlissen, und ich habe nicht die Absicht, mir einen neuen anzuschaffen.

Interview: Wolfgang Gast