Vogel im Griff

■ Fundevogel wird Zwangsernährt

Bis drei gezählt, entschlossen zugegriffen und schon ist Fundevogel fest im Schwitzkasten und nur der Kopf noch frei. Dann mit einem Finger der linken Hand den wulstigen Schnabel aufgedrückt und mit den Fingern der anderen Hand das gute Rinderhack in den Schlund gedrückt; immer in kleinen Portionen, als ob's ein Würmchen wär. Fundevogel, provisorisch nach dem gleichnamigen Grimmschen Märchen benannt, windet sich, wehrt sich mit aller Tücke seines jungen Lebens gegen seinen vermeintlichen Feind. Aber er schluckt wenigstens runter, was ihm eingetrichtert wird, während er an den Tagen zuvor das hartgekochte Ei keines Blickes würdigte. Genugtuung beim Ersatz-ernährer. Wie ist das mit dem trinken? Mit der Einwegspritze Wasser in den Hals spritzen? Quatsch, sagt Mitbewohner H., im Nest bekommen die doch auch kein Wasser. Er sagt das mit fester Stimme - wie Männer eben, wenn sie keine Ahnung haben. Ich bleibe mißtrauisch.

Ab jetzt also Zwangsernährung. Nur die Aussicht, jeden Tag dreimal die Bestie zu greifen, törnt ab. Denn beim Freilassen hackt er wieder zu. Ob er was gegen uns hat? Dabei hat doch Mitbewohner H. einen unsrer guten Aschenbecher für ihn aus dem Fenster geworfen, weil der fette gelbe Kater wieder das Fensterbrett der Erdgeschoßwohnung erklommen hatte. Da muß man doch einfach dankbar sein, oder?

gn