Spaniens Kabinett rotiert

Gonzales will durch Neubesetzung und Umstrukturierung den angeschlagenen Ruf der Regierung retten  ■  Aus Madrid Antje Vogel

Das Gerede von einer Regierungskrise, so hatte der spanische Regierungssprecher und Kulturminister Javier Solana noch vor zehn Tagen verkündet, sei nur dummes Geschwätz. Doch als der sozialistische Regierungschef Felipe Gonzalez am Freitag dem König Juan Carlos sein neues Kabinett vorstellte, gehörte Solana selbst zu den Rotierern.

Sechs Minister hatte Gonzalez bei dieser größten Kabinettsumbildung seit seinem Amtsantritt 1982 ausgewechselt, und ein neues Ministerium wurde geschaffen: das für gesellschaftlichen Wohlstand, an dessen Spitze eine Frau stehen wird, Matilde Fernandez. Neue Regierungssprecherin wird Rosa Conde. Die Benennung zweier Frauen ist eine Good-Will-Geste gegenüber dem letzten PSOE -Parteitag.

Entlassen hat Gonzalez den Erziehungsminister Jose Maria Maravall, dessen Amtszeit durch heftige Auseinandersetzungen mit Schülern, Studenten und Lehrern gekennzeichnet war. Seinen Posten ersetzt jetzt Solara, der ehemalige Kulturminister. An dessen Stelle wiederum tritt der Schriftsteller Jorge Semprun. Semprun war Mitglied der Resistance, wurde 1943 von der Gestapo verhaftet und ins KZ Buchenwald verschleppt. 1964 wurde er wegen Abweichlertums aus der spanischen KP geworfen und hat sich seither stetig nach rechts entwickelt. Er ist nicht Mitglied der Sozialistischen Partei. Auch Justizminister Fernando Ledesma mußte gehen: Ihm wurde Unfähigkeit bei der fälligen Justizreform vorgeworfen. Seinen Job übernimmt Historiker Enrique Mugica. Der Minister für Industrie und Energie, Luis Carlos Croissier, wurde entlassen, ebenso wie der Minister für Transport, Tourismus und Kommunikationswesen, Abel Caballero. Diesen ungemein attraktiven Posten übernimmt der bisherige Innenminister Jose Barrionuevo, eine Art Gnadenbrot.

Barrionuevos sechsjährige Amtszeit als Innenminister war gekennnzeichnet von polizeilichen Übergriffen und einer harten Linie zur Lösung des Konflikts im Baskenland, von dem Schutz des Geheimdienstes gegenüber unbequemen Fragen seitens der Justiz sowie von der Verwicklung spanischer Behörden in den „schmutzigen Krieg“ der Killerbande GAL gegen die ETA. Barrionuevo wird durch den rechten Gewerkschafter Jose Luis Corcuera ersetzt. Siehe Kommentar Seite 4