Staatsaktion zu Strobl-Penselin-Veranstaltung

Bayerisches Innenministerium versuchte Veranstaltung des studentischen Sprecherrats der Universität München zu verbieten / Diskussionsveranstaltung im Zusammenhang mit den Verhaftungen von Ingrid Strobl und Ulla Penselin zu Gentechnologie  ■  Aus München Miriam Lang

Jubel in den Gängen der Münchner Universität. Nach dreitägigem Kampf gegen die Behörden des Freistaats Bayern haben die Studenten vor Gericht Recht bekomen: die Veranstaltung des studentischen Sprecherrats, bei der im Zusammenhang mit den Verhaftungen von Ingrid Strobl und Ulla Penselin Gentechnologie, Bevölkerungspolitik und Sextourismus diskutiert werden sollen, kann stattfinden. Alle nur erdenklichen Hebel hatte das Innenministerium in Bewegung gesetzt, um die bayerische Öffentlichkeit vor den unliebsamen Inhalten zu bewahren.

Zunächst meldete das Kreisverwaltungsreferat (KVR) der Stadt München beim Veranstalter Bedenken gegen die Versammlung an. Bei einer Unterredung wurde der Anwältin des Sprecherrats, Jutta Schneider, mitgeteilt, daß aufgrund von Informationen aus dem Innenministerium ein Verbot der Veranstaltung erwogen werde. Daraufhin unterschrieb der Sprecherrat eine Reihe von schriftlichen Bestätigungen, daß er - wie im Versammlungsgesetz vorgeschrieben - Straftaten unterbinden und sich auch sonst legal verhalten würde. Schließlich entschied das Kreisverwaltungsreferat, die Veranstaltung unter Auflagen stattfinden zu lassen: 12 Ordner müßten bereitgestellt werden, und den Mitgliedern der Grün-Bunten Liste und dem „Netzwerk Selbsthilfe e.V.“, die als Unterstützer auftraten, sollte „im Falle einer Diskussion“ das Wort verboten werden.

Auch Wissenschaftsminister Wild bat die Universität, den Studenten für die Veranstaltung keinen Raum zur Verfügung zu stellen. Doch Universitätspräsident Steinmann sah „keinen Anlaß, die einmal erteilte Genehmigung zurückzuziehen.“ Da bediente sich das Wissenschaftsministerium anderer Mittel: Er wies die Universität an, den Raumbescheid zu widerrufen. Die Studenten legten sofort Widerspruch beim Verwaltungsgericht ein.

Währenddessen wurde bekannt, daß der Generalbundesanwalt seit Mitte Juni wegen eines Flugblatts ermittelt, das angeblich im Zusammenhang mit der Veranstaltung steht. Der Hintergrund: Verdacht auf Unterstützung einer terroristischen Vereinigung. Das Verfahren wurde jedoch am 4.Juli an den Generalstaatsanwalt in Bayern abgegeben. Dessen Pressesprecher bestätigte, daß das Flugblatt nicht in direktem Zusammenhang zur Veranstaltung an der Universität steht.

Trotzdem erging die Weisung der Regierung von Oberbayern an das Kreisverwaltungsreferat, die Versammlung nun doch zu verbieten. Knappe vier Stunden vor dem geplanten Veranstaltungsbeginn erreichte der schriftliche Verbotsbescheid die AnwältInnen der Studenten. Begründet wurde die Maßnahme, zusätzlich zum oben genannten Flugblatt, mit einem Satz aus einem Unterstützeraufruf der Grün-Bunten -Liste: „Gerade wenn Themen 'anschlagsrelevant‘ werden und eine Welle der Repression auslösen, wird deutlich, daß nichts so sehr gefürchtet wird wie das Zusammenwirken von Information, öffentlicher Diskussion und direkter Aktion.“ Laut KVR handelt es sich dabei um „die beschönigend -verharmlosende Umschreibung politisch motivierter Gewalttäter für terroristische Anschläge“.

Auch gegen dieses Verbot klagte der Sprecherrat sofort. 15 Minuten vor Veranstaltungsbeginn entschied das Gericht: „Die Versammlungsfreiheit hat noch Vorrang.“ Außerdem „wurde die Verbotsverfügung hinausgezögert“, hieß es, und die Studenten in ihrem Recht auf Rechtsschutz verletzt. Während die Veranstaltung in brechend vollem Hörsaal bereits begonnen hatte, wird dieses Urteil auch von der letzten Instanz, dem Verwaltungsgerichtshof, bestätigt.