Dienstbefreiung für die WAA-Demo

Pro-Kernkraft-Demonstration in Wackersdorf / Betriebsratsvorsitzenden der Stromunternehmen hatten geladen / Dienstbefreiung und Erstattung der Mehrkosten / Trotziger Beifall  ■  Aus Wackersdorf Bernd Siegler

Eine Demonstration in Wackersdorf ohne massive Polizeipräsenz und Kontrollen auf den Anfahrtswegen hat es schon lange nicht mehr gegeben. Gestern mittag war es soweit. Etwa 2.000 Beschäftigte der Energieversorgungsunternehmen aus der ganzen BRD demonstrierten auf dem Marktplatz für die Kernkraft und die Wiederaufbereitungsanlage. Sie wollten kurz vor dem Erörterungstermin der 850.000 Einwendungen gegen die WAA „auch einmal die andere Seite zu Wort kommen lassen“, so Hans Zilker, Gesamtbetriebsratsvorsitzender der Bayernwerke AG.

Die Aktion klappte. Pünktlich treffen die Busse aus der ganzen BRD auf dem Gelände der Wackersdorfer DWK-Filiale DWW ein. Während die DWW-Lehrlinge die Bierseidel für den abschließenden Imbiß spülen, erhalten die DemonstrantInnen umsonst Transparente und Aufkleber. Der Button „Betriebsräte für eine sichere Energieversorgung“ wird dagegen verkauft. Auf dem Marktplatz werden die WAA-BefürworterInnen von GegnerInnen, ausgerüstet mit kopierten 1.000-Markscheinen als „Berufsdemonstranten“ begrüßt. Ein Rundschreiben des Gesamtbetriebsrats der Energieversorgung Ostbayern AG „Betr. Pro-Kernkraft-Kundgebung“ war vorher bekannt geworden. Da hieß es: „Bei der Teilnahme erfolgt Dienstbefreiung; anfallende Mehrkosten, z.B. Kilometer, Reisezeit, Mehraufwandsentschädigung werden erstattet.“

Unter Volksmusikklängen ziehen die DemonstrantInnen auf den Marktplatz. „Energie zum Überleben“, „Alkem für die sichere Zukunft“, „Der Fortschritt ist unaufhaltsam - Ja zur WAA“, oder schlicht „Wir wollen die WAA“ lauten die Parolen. Nicht einmal der Wackersdorfer Bürgermeister und WAA-Befürworter Josef Ebner begrüßt die DemonstrantInnen. Also muß der Ex -Meister der ehemaligen Fronberger Schloßbrauerei Helmuth Kumeth ran, der es zum Betriebsratsvorsitzenden der DWW gebracht hat. Er verkündet, wie stolz er sei, „in einem Unternehmen, das sich mit modernster Technik beschäftigt, arbeiten zu dürfen“. Nach ihm kommt Karin Roth, Betriebratsvorsitzende der WAA Karlsruhe, und Hans Zilker von der Bayernwerk AG. Über den Marktplatz schallen Worte wie „Sicherheit“, „Zuverlässigkeit“, „Vernunft“, „Verantwortungsbewußtsein“, „Unverzichtbarkeit“ und „Stabilität“. Man will sich endlich wehren gegen jene „buntgescheckte Verunsicherungsallianz“ und warnt vor dem „Rückfall in ein unbedeutendes Agrarland“. Unisono betonen die Redner: „Wir haben die besseren Argumente“.Das bewahrheitet sich in der Diskussion mit WAA-GegnerInnen jedoch nicht. Da heißt es nur noch, „mit dem Risiko müssen wir leben“ oder gar „Ihr müßt ja ohne Strom erfrieren“. Den eher trotzigen als begeisterten Applaus der WAA -BefürworterInnen kommentiert ein Gegner mit dem Ausruf: „Das sind doch Jubelperser“. Zum Abschluß dankt Helmuth Kumeth für die Disziplin der DemonstrantInnen. Schon zehn Minuten nach Kundgebungsende ist der Marktplatz wieder leer, und der Wackersdorfer Kindergarten um 1.100 DM, dem Erlös aus dem Buttonverkauf, reicher.