Opposition: „Nein zu Pinochet“

Arturo Saez gehört zur Politischen Kommission der sozialistischen Partei Chiles  ■ I N T E R V I E W

Voraussichtlich im Oktober müssen die Chilenen über einen künftigen Staatspräsidenten abstimmen. Nach der von General Pinochet durchgesetzten Verfassung wird es nur einen - von den Militärs nominierten - Kandidaten geben.

taz: Von Chiles Oppositionsparteien tritt jetzt keine mehr für einen Boykott des Plebiszits ein. Vorletzte Woche hat auch die Kommunistische Partei dazu aufgerufen, mit Nein zu stimmen - so wie vorher schon die 13 Parteien, die gemeinsam das „Comando del No“ gegründet haben. Warum mit Nein stimmen und kein Boykott?

Saez: Erstens gibt es in unserem Volk mehrheitlich eine Wahl -Kultur. Zweitens werden die Leute praktisch gezwungen sein, in die Wahllokale zu gehen. Sie zum Boykott aufzufordern, hieße, ihre Arbeitsplätze zu gefährden, ohne ihnen eine Alternative zu bieten. Diejenigen, die es mit dem militärischen Kampf versucht haben, sind gescheitert.

Fürchtet ihr nicht einen Wahlbetrug des Regimes?

Die Opposition hat sich gemeinsam in der „Partei für die Demokratie“ organisiert, um den Betrug zu verhindern. Als politische Partei - gegründet nur für dieses Plebiszit haben wir das Recht, Vertreter an allen 22.000 Wahlurnen zu haben, die die Stimmabgabe und die Auszählung beobachten. Diese Wahlbeobachter schulen wir gegenwärtig in Seminaren. Zweitens melden die alle Teilergebnisse nach Santiago, wo wir eine eigene, parallele Gesamtzählung organisieren. Und drittens haben wir alle demokratischen Parlamente, Regierungen und auch Gewerkschaften aufgefordert, Wahlbeobachter nach Chile zu schicken. Wenn es Wahlbetrug gibt, können sie ihn weltweit bekanntmachen.

Die Opposition ist überzeugt, daß die Mehrheit mit Nein stimmen wird. Warum eigentlich?

Einmal haben schon die Massenproteste 1983/84 gezeigt: Die große Mehrheit will, daß Pinochet geht. Zweitens hat sich fast die gesamte Opposition unter der Parole „Nein zu Pinochet“ zusammengeschlossen. Drittens hat bei tatsächlich freien Wahlen in der letzten Zeit - ob bei Studenten, in Gewerkschaften oder Berufsverbänden - immer die Opposition gesiegt.

Was passiert, wenn es tatsächlich gelingt, Pinochet mit den Waffen seines eigenen Plebiszits zu schlagen?

Wir, die 14 Parteien, haben uns geeinigt, dann von den Militärs freie Präsidentschaftswahlen innerhalb von drei Monaten und eine Verfassunggebende Versammlung zu verlangen. Nach der Verfassung der Militärs könnte Pinochet auch nach einer Niederlage noch ein Jahr Präsident bleiben und acht Jahre lang bliebe er automatisch Oberbefehlshaber der Streitkräfte. Diese Verfassung ist ein juristisches Meisterstück des Autoritarismus, und deshalb wird es ohne neue Verfassung auch keine Demokratie in Chile geben.

Interview: Michael Rediske