Bonner Koalitionshickhack ohne Ende

■ CDU-Geißler macht FDP und CSU zur Sündenböcken / CSU-Strauß wirft FDP vor, unverschämt zu sein, und kündigt an, im Bundesrat Rücknahme der Flugbenzinbefreiung anzuregen / JU fordert Regierungsumbildung

Berlin (taz) - Unter Zuhilfenahme diverser Springer -Zeitungen sind sich FDP-, CDU- und CSU-Politiker am Wochenende weiter gegenseitig an den Karren gefahren. CDU -Generalsekretär Geißler sagte 'Bild am Sonntag‘, jetzt seien „die Grenzen dessen erreicht, was man der CDU zumuten kann“. Er gab die Schuld an dem „Durcheinander in Bonn“ in erster Linie der FDP, teilweise sei aber auch die CSU dafür verantwortlich. Allein wegen der Diskussion um steuerfreies Flugbenzin rechnet Geißler mit bundesweit 2.000 Austritten aus der Partei. Der Aufstand der Parteibasis zeige aber, daß das Gewissen der CDU als Volkspartei funktionsfähig sei, suchte Geißler die Tatsachen ins Bessere zu kehren.

Strauß hielt der FDP in der 'Welt am Sonntag‘ vor, sie wechsle ihre Position, wenn sich Gegenwind erhebe, vom Ja zum Nein, und versuche, daraus politisches Kapital zu schlagen. Zu der Warnung der FDP, sich Auseinandersetzungen wie beim Flugbenzin nicht mehr bieten zu lassen, sagte der Vorsitzende, „diese Aussage ist eine weitere Glanzleistung in der Kette der Unverschämtheiten, die wir von Herrn Haussmann schon gehört haben“. Die Steuerreform ist „trotz aller Pannen“ für Strauß ein „großes Werk“. Gleichzeitig bekundete der CSU-Chef die Bereitschaft Bayerns, im Bundesrat einen Gesetzesentwurf einzubringen, mit dem die Befreiung der Privatpiloten von der Flugbenzinsteuer wieder rückgängig gemacht wird. Er halte zwar nichts davon, werde die Initiative aber trotzdem ergreifen, „damit der politischen Unruhe ein Ende gemacht wird“.

Der Vorsitzende der Jungen Union, Böhr, ging derweil via 'Bild am Sonntag‘ zusammen mit dem CSU -Bundestagsabgeordneten Müller dem Kanzler an den Kragen. Beide fordern eine Regierungsumbildung nach der Sommerpause. Allerdings wollen sie, anders als noch vor kurzem die Baden -Würtembergische JU, nicht Kohl selbst ausgewechselt sehen, sondern zum Beispiel „nur“ Bangemann, Stoltenberg und Schwarz-Schilling. Das Kabinett müsse verjüngt werden. Der Kanzler brauche eine neue Stürmerreihe, so Böhr.

Der Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion, Mischnick, bezeichnete trotz der Koalitions-Querelen die Voraussetzungen für eine Fortsetzung der CDU/CSU/FDP -Koalition in Bonn über 1990 hinaus aus heutiger Sicht als gut. Eine Koalitionsaussage werde aber erst Mitte 1990 getroffen, so Mischnick.

klh