Gefährliche Blumen

■ Ein Blumenstrauß gefährdet Sicherheit und Ordnung

Ich sitze seit neun Monaten in der JVA Koblenz in Untersuchungshaft. Da hier in Koblenz auch eine Abteilung für weibliche U-Gefangene ist, habe ich ein nettes Mädchen kennengelernt, mit dem ich jetzt seit ungefähr vier Monaten über Hauspost Briefkontakt habe. Nun hat es sich so ergeben, daß das Mädchen Geburtstag hatte, und ich ihr eine Freude machen wollte. Ich hatte vor, ihr am Geburtstag einen Strauß Blumen durch die Firma Fleurop zukommen zu lassen. Da die genannte Firma weder durch Waffen noch Drogenhandel einen Namen hat, war das für mich eine ganz normale Angelegenheit, die allerdings die Genehmigung des Chefs erforderte. Nach einer Audienz beim Chef wurde ich aber eines besseren belehrt. „Das ist hier nicht üblich“, wurde mir auf mein Anliegen gesagt. Nun, daß das kein Grund für eine Ablehnung war, wußte er selbst. Er verwies dann auf die Gefährdung von Sicherheit und Ordnung in der Haftanstalt. Nun, das scheint hier die Regel zu sein, wenn für irgend etwas kein ersichtlicher Grund vorliegt, automatisch die Gefährdung der Sicherheit und Ordnung herhalten müssen. Daß von Blumen eine Gefahr ausgeht, ist für mich als Naturfreund etwas ganz Neues. Wohl gemerkt, ich spreche hier von Schnittblumen, wie Lilien, Nelken und Fresien, und nicht von fleischfressenden Ungeheuern und sonstigen Bestien mit Blättern. Da ich, als ich noch in Freiheit lebte, sehr oft mit meinen Kindern in der Natur war, und diese sehr gerne Blumen für ihre Mutter pflückten, mache ich mir jetzt doch große Sorgen. Es kann natürlich auch sein, daß während meiner neun Monate, die ich hier drin bin, die Natur eine Wandlung vollzogen hat, und aus so zarten Wesen wie Blumen angriffslustige Bestien wurden. Logo, bei dieser fortgesetzten Umweltverschmutzung. Ich war natürlich zuerst traurig darüber, daß man Frauen und Mädchen, die hier im Knast sitzen, nicht einmal einen Strauß Blumen gönnt, da sie ja hier auch nicht gerade den Himmel auf Erden haben. Nach reiflicher Überlegung bin ich aber doch froh, daß mir die Bitte abgelehnt wurde. Nicht auszudenken, welcher Gefahr ich dieses Mädchen in meiner Unwissenheit und meinem Leichtsinn vielleicht ausgesetzt hätte. (...)

H.D., Koblenz