Dollar-Höhenflug und strukturelle Probleme

 ■ Mit dem DOLLAR auf Du und Du

Der US-Dollar erlebt einen neuen Aufwind. Seit Juni dieses Jahres hat der Greenback gegenüber dem Japanischen Yen und der Deutschen Mark mehr als sieben Prozent an Wert gewonnen. Verantwortlich für diesen Wertanstieg dürfte vor allem der allmähliche Abbau des Handelsbilanzdefizits sein. Die Daten für das erste Vierteljahr 1988 deuten allerdings darauf hin, daß hier noch ein langer Weg bevorsteht. Das Defizit der USA ist in diesem Zeitraum gerade einmal von 41 auf 36 Mrd. Dollar abgebaut worden. Nach wie vor sind die USA auf einen hohen ausländischen Kapitalexport angewiesen. Diese Abhängigkeit von ausländischer Kapitalzufuhr hat dazu geführt, daß die USA der größte Auslandsschuldner der Welt sind. Allein im Jahr 1987 sind die Nettoauslandsschulden um 99 Mrd. Dollar angestiegen. Die ausländischen Forderungen gegenüber den USA betrugen zum Jahresende 1.540 Mrd. Dollar, während die ausländischen Verbindlichkeiten sich auf 1.170 Mrd. Dollar beliefen. Mit etwas mehr als 368 Mrd. Dollar beträgt die US-amerikanische Auslandsverschuldung etwa dem dreifachen Betrag von Brasilien. Damit haben die USA einen Rekord besonderer Art erzielt. Sie benötigten nur fünf Jahre, um von der größten Gläubigernation zur höchst verschuldeten Nation der Welt zu werden. Dies war nur möglich, weil die USA den internationalen Anlegern die höchsten Zinssätze boten. Auch heute noch weisen die USA gegenüber Japan und der BRD das höchste Zinsniveau auf. Dieses Zinsdifferential zeichnet auch verantwortlich, daß seit Juni dieses Jahres verstärkt institutionelle Anleger aus Japan auf Dollar lautende Eurobonds aufkauften. Die verstärkte Nachfrage nach diesen Titeln dürfte denn auch wesentlich zur Festigung des Dollarkurses auf dem höheren Niveau beigetragen haben. Der höhere Dollarkurs ist mithin in nicht unbeträchtlichem Maße eine monetäre Fiktion. Realwirtschaftlich stellt sich die Situation der US -amerikanischen Wirtschaft nach wie vor im Vergleich mit den kapitalistischen Konkurrenznationen als wenig günstig dar. Wie in verschuldeten Ländern der Dritten Welt müssen auch die USA ihren Importüberschuß mit Kapitalimporten finanzieren. Der republikanische Senator John Heinz liegt durchaus richtig, wenn er feststellt: „Wir konsumieren uns ins Armenhaus hinein, indem wir unseren Kindern eine Schuldenlast aufbürden, an der sie Jahre zurückzuzahlen haben.“ Dennoch sind die USA mit einem Privileg gesegnet, über das keine andere Nation verfügt: Weil sie sich in ihrer eigenen Währung verschulden, können sich die USA im Zweifelsfall die zur Schuldenbegleichung notwendigen Dollars selbst drucken. Auf eine stetige Aufwärtsbewegung des Dollar zu vertrauen wäre aber dennoch gewagt.

Kurt Zausel