Bewag-GAU

■ Stromausfall durch Kettenreaktion

Man kann heilfroh sein, daß die Bewag keine Kernkraftwerke betreibt. Denn gestern morgen passierte mit ihren konventionellen Kraftwerken das, was in AKWs zum GAU führen kann: eine Kettenreaktion von Fehlern. Stromausfall in großen Teilen der Stadt hätte „nach unserer Betriebsphilosophie“ (Bewag-Sprecher Möller) eigentlich gar nicht passieren dürfen. Da aber die Bewag in ihren Kesseln nur mit Wasser kocht, blieb es bei Ampelausfall (ohne größere Unfälle), zwei steckengebliebenen Fahrstühlen und unzähligen erkalteten Kaffeemaschinen. Die Brennerstörung, die gegen 9.00 Uhr im Block 3 des Heizkraftwerks Lichterfelde auftrat und die Leistung dort von 120 Megawatt auf 70 Mw senkte, war an sich kein Problem, denn im Kraftwerk Reuter West standen 250 Megawatt Reserve zur Verfügung - theoretisch. Als die aktiviert werden sollte, um 9.10 Uhr, wurde allerdings eine Kesselstörung festgestellt der nagelneue Block D befindet sich immer noch in der Erprobung. Totalausfall. Die für das Drehstromnetz lebenswichtige Frequenz von 50 Hertz begann abzusacken. Immer noch eigentlich kein Grund zur Sorge, denn für solche Fälle stehen im Heizkraftwerk Charlottenburg spezielle Turbinen unter Dampf. Aber auch da: Fehlanzeige. Als letzte Rettung wurden dann beim kritischen Wert von 48,6 Hertz automatisch eine Reihe von 110 Kilovolt-Umspannwerken abgeschaltet, um das Netz nicht ganz zusammenbrechen zu lassen. Das Abschaltprogramm nimmt dabei bevorzugt Wohngebiete aus dem Netz. Die Bewag ist untröstlich und fühlt sich zugleich bestätigt, daß ihre riesigen Überkapazitäten Schlimmeres verhindert haben. Und, so Sprecher Möller, der Ausfall habe ja je nach Bezirk nur wenige Minuten bis eine halbe Stunde angehalten. Nur in Kreuzberg dauerte es eine Stunde - denn dort musste wegen eines weiteren Fehlers extra jemand ausgeschickt werden, um den Strom wieder einzuschalten.

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