ICH BIN NICHT IM EXIL

■ ...sagt ein jugoslawischer Künstler in Berlin

Milovan Markovic lebt seit drei Jahren in Berlin und macht Kunst, mehrere Projekte im momentan vom E88-Geschehnisraum okkupierten Keller der Monumentenstraße 24, mit Unterstützung des Daad entstand eine Dokumentation seiner dortigen Rauminstallation in Zusammenarbeit mit Sissi Tolaas. In seine Heimat kann er aus- und einreisen wie es ihm beliebt - „das ist das Schöne an Jugoslawien“. Von seinen Kunstaktionen könnte er nicht leben, er muß Verschiedenes arbeiten. Ohne die Hilfe von Freunden hätte er schon längst wieder gehen müssen. Alle drei Monate muß er sein Visum verlängern lassen, allerdings ohne nach Jugoslawien ausreisen zu brauchen.

Zu jugoslawischen Kulturagenten hat er keinen Kontakt, ebensowenig kennt er welche der jugoslawischen „Gastarbeiter“.

Es geht nicht um irgendeine Form des Nationalen: „Ich bin nicht im Exil.“ Er sei nicht mehr gehandicapt als andere. Als ich ihm sage, er sei der einzige jugoslawische Künstler, den ich hier kenne, aber lacht er, im Nachhinein. Heimweh hätte er schon bisweilen, nach der Natur vor allem, aber hier in Berlin geschähen die spannenderen Geschichten, was die Kunst angehe. Heimweh ist ihm ein eher allgemeinmenschliches Phänomen als ein politisches. Der artifizielle Raum Berlin, die Insel - „nur klaustrophobischer als Jugoslawien“ - bietet einfach die besseren Möglichkeiten für den „expanded media stuff“. Der Westen dem minimalistischen Individualistenthrill, dem „other way of thinking“. Abgesehen davon deale alles mit Politik, hier lasse sich dem genausowenig ausweichen. „Politisierung ist obligatorisch in Berlin.“ Das Refugium Kunst zu definieren, und zu beschützen scheint umso existentieller: „Lange habe ich versucht, einen Gott in der Kunst zu bewahren, z.B. Malewitch, etwas Spirituelles.“ Und so kryptisch einfältig dessen Suprematismusmodelle auch sind, sie reklamieren doch ein Kandinskisches Geistiges, das sich direktemang mit der Beschwörung von „Verborgenen Zeiten“ vereinigt und bereinigt - in Form von „moderner Sprache“. Im Herbst wird Milovan nach Belgrad reisen, um wie alljährlich Freunde und Verwandte zu besuchen, eine Anzahl von Klöstern zu besichtigen und an einem viertägigen Performance-Treffen mitwirken. Die Organisation des Festivals in Fluxus-Tradition geht von einen 1968 gegründeten Studentenclub aus. Doch davon später.

Vogel