Unutopisch

Nichts Neues im SPD-Beschäftigungsprogramm  ■ K O M M E N T A R

Eine Partei in der Opposition ist in der für sie selbst glücklichen Lage, nicht regieren zu müssen. Sie genießt die wunderbare Freiheit, nicht zuerst nach der Machbarkeit der Dinge fragen zu müssen, nicht ständig unter Beweiszwang zu stehen. Sie hat die Möglichkeit und die Aufgabe, über den Tag hinaus Entwürfe zu machen. Eine Partei in der Opposition kann profiliert zeigen, wer sie ist und wohin sie will.

Die SPD in Berlin ist insofern keine Oppositionspartei. Ihre Vorschläge zur Beschäftigungs- und Ausbildungspolitik sind aus der Mottenkiste der 70er Jahre gezogen: Besitzstandssicherung der ArbeitsplatzbesitzerInnen, Stärkung der zentralen Vermittlungsbehörden, kein Kaufkraftverlust. Die Wirtschaftspolitiker der Sozialdemokraten präsentieren sich als konsequente Schüler des Mister Keynes. Abweichler, die, wie kürzlich der wissenschaftspolitische Sprecher Kremendahl, den FDP -Vorschlag - Arbeitslose suchen sich ihren Arbeitsplatz selbst, und der Staat bezahlt - gut hießen, wird freundlich aber bestimmt klargemacht, daß sie sich auf Irrwegen befinden. Auch die Tatsache, daß die SPD Kreuzberg, mit viel Erfahrung in Sachen Jugendarbeitslosigkeit versehen, einen ähnlichen Vorschlag unterstützt, läßt die Genossen im Rathaus Schöneberg nicht vom geraden Weg abweichen.

Man mag einwenden, daß der Kapitalismus sich seit den 70er Jahren auch nicht verändert hat und deshalb die alten Rezepte nicht verfallen sind. Kann sein, doch wen interessiert das? Von einer Partei in der Opposition will keiner hören, daß sie schon immer Recht gehabt hat, und daß alles so werden soll wie es mal war. Die Opposition hat die Option auf die Zukunft - doch die SPD läßt sie einfach wegfallen

Brigitte Fehrle