Ein Mann für die konservativen WählerInnen

Lloyd Bentsen, der Schatten-Vizepräsident von Dukakis, soll den Demokraten Stimmen aus den Südstaaten sichern  ■ P O R T R Ä T

Aus Washington Stefan Schaaf

Der texanische Senator Lloyd Bentsen ist konservativ und ein politischer Insider der Washingtoner Szene. Ihn hat der demokratische Präsidentschaftsanwärter Dukakis zu seinem Kandidaten für die Vizepräsidentschaft erwählt. Für den 67jährigen Lloyd Bentsen ist George Bush kein unbekannter Wahlkampfgegner. 1970 standen sich der demokratische Senator aus Texas und der republikanische Vizepräsident schon einmal gegenüber, als es um den Senatorenposten von Texas ging. Damals schlug Bentsen seinen Gegner deutlich. Nun hofft Michael Dukakis, der liberale Gouverneur aus dem Nordosten, daß ihm der konservative Senator aus dem Südwesten erneut gegen Bush zum Sieg verhelfen kann. Dukakis hat bereits im Vorwahlkampf politisches Risiko gescheut, genauso jetzt bei der Wahl seines Stellvertreters. Mit Bentsen rückt das demokratische Duo weit in die politische Mitte und immunisiert Dukakis gegen den Vorwurf aus der republikanischen Ecke, „zu liberal“ zu sein. Bentsen vergrößert auch Dukakis‘ Chancen unter den konservativeren WählerInnen in den Südstaaten. Vor allem wachsen die Chancen der Demokraten mit Bentsen auf dem „Ticket“, eine Mehrheit in Texas und damit die 29 Wahlmänner des Bundesstaates zu gewinnen - immerhin mehr als ein Zehntel der zum Sieg erforderlichen 270 Stimmen des Wahlmännerkollegs.

Bentsen vertrat einen texanischen Wahlkreis zwischen 1948 und 1955 im Kongreß in Washington, gab dann aber die Politik auf, weil er vom mageren Abgeordnetengehalt seinen Lebensstil nicht finanzieren konnte. Er wurde millionenschwerer Geschäftsmann im Öl-, Versicherungs- und Immobiliengeschäft, bevor er 1970 in den Senat gewählt wurde. 1976 bewarb er sich um die Präsidentschaft, erntete jedoch wegen seines langweiligen Charakters so wenig Enthusiasmus für seine Kandidatur, daß er sie frühzeitig wieder aufgab. Seit 1986 ist er Vorsitzender des einflußreichen Finanzausschusses im Senat und damit für Handels- und Steuerfragen zuständig. Sein wichtigstes Ziel war die Verabschiedung des Handesgesetzes, das im vergangenen Jahr jedoch am Veto Präsident Reagans scheiterte. Bentsens politische Loyalität gilt der Industrie, deren Interessen er beharrlich zu verteidigen wußte; so kämpfte er gegen Versuche, die Chemieindustrie wegen Giftmüllablagerungen zur Kasse zu bitten. In außen und militärpolitischen Fragen steht Bentsen am äußersten rechten Rand der Partei. Er stimmte für die umstrittene MX -Interkontinentalrakete, und unterstützte Reagans Contra -Politik.

Das einzige Trostpflaster für die wegen der Ablehnung Jesse Jacksons enttäuschten schwarzen demokratischen WählerInnen ist Bentsens harte Haltung gegenüber Südafrika und seine Unterstützung für Rassengleichheit in den USA.