Spanische Polizisten als Terroristen verhaftet

Zwei spanische Polizeioffiziere werden beschuldigt, als Mitglieder der „Anti-terroristischen Befreiungsgruppe“ (GAL) in Frankreich eine Terrorkampagne gegen ETA-Mitglieder organisiert zu haben, die 29 Opfer kostete / Wer gab den Auftrag, wer zahlte die Spesen?  ■  Aus Madrid Antje Vogel

Eine Woche lang hatte Untersuchungsrichter Garzon die Ermittlungen geheimgehalten, dann kam der Knalleffekt: Wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung, Mordversuchs in sechs Fällen, wegen zwei terroristischen Aktionen und Fälschung von Personaldokumenten wurden der Polizeiunterkommissar Jose Amedo Fouce und sein ehemaliger Untergebener, Inspektor Michel Dominguez Martinez am Mittwoch in Untersuchungshaft verbracht und ihrer Funktionen enthoben. Garzon beschuldigt die beiden, die Hauptorganisatoren der Terror-Organisation GAL (Antiterroristische Befreiungsgruppe) zu sein. Die GAL ist verantwortlich für zahlreiche blutige Attentate im französischen Baskenland, die gegen dort lebende Basken, vor allem geflohene ETA-Mitglieder, Terror ausübten. Zwischen 1983 und 1987 fielen den Anschlägen der GAL 29 Menschen zum Opfer. Die Anschläge nahmen ein plötzliches Ende, nachdem die französische Regierung im Sommer 1986 dazu überging, baskische Flüchtlinge spanischer Nationalität an die spanischen Behörden auszuliefern, und damit der Rückzug von ETA-Mitgliedern nach Frankreich erheblich erschwerte.

Der Untersuchungsrichter sieht als erwiesen an, daß Amedo Fouce Ende Januar 1986 in offiziellem Auftrag in Begleitung seines Untergebenen Michel Dominguez nach Lissabon reiste, um dort Söldner für Anschläge zu werben. In Begleitung dreier Portugiesen seien sie Anfang Februar nach Spanien gereist, wobei sie einem der drei durch einen gefälschten Paß die Einreise ermöglichten. Auf Anweisungen von Amedo und Dominguez hin reisten die Söldner am 8.2.86 nach Bayonne im französichen Baskenland, wo sie in einer baskischen Bar das Feuer auf die Besucher eröffneten und dabei fünf Personen verletzten. Am 13. Februar reisten zwei der Söldner nach St.Jean-de-Luz in Südfrankreich und schossen dort in einer Bar auf einen Basken, der schwer verletzt wurde. Einer der beiden Attentäter, Paulo Figueiredo Fontes, wurde dabei festgenommen; seine Aussage sowie Untersuchungen der französischen und portugiesischen Behörden begründeten den Verdacht gegen Amedo.

Die spanischen Behörden hielten sich mit der Untersuchung auffällig zurück. Im Januar dieses Jahres hatte bereits ein Madrider Untersuchungsrichter im Fall Amedo ermittelt und Anklage beantragt. Das wurde abgelehnt, weil die Verdachtsmomente nicht ausreichend seien. Ende Januar gab Interpol auf Antrag der französischen Justiz einen internationalen Haftbefehl gegen Amedo heraus, der von den spanischen Behörden ignoriert wurde. Beide Beamte blieben weiterhin im Dienst. Die Ermittlungen werden fortgsetzt, gestärkt durch zwei baskische Nebenkläger.

Dann begann das Tauziehen zwischen spanischer Justiz und dem Innenministerium. Der Generaldirektor der Polizei, Rodriguez Colorado, informierte den Richter, Amedo sei in offiziellem Auftrag unterwegs gewesen, die Spesen seien aus einem Sonderfonds des Innenministeriums bestritten worden. Amedo seinerseits erklärte, er sei für eine Ermittlung wegen internationalem Waffenhandel nach Portugal gereist, obwohl er sich weder vor noch nach der Reise jemals mit Waffenhandel beschäftigt hat. Kern der Untersuchungen ist nun der Sonderfonds. Der vor wenigen Tagen abgesetzte Innenminister Barrionuevo verbot Anfang Juni seinen Untergebenen, Angaben über Höhe und Zweck der Ausgaben an Amedo zu machen. Der Untersuchungsrichter lud den Generaldirektor der Polizei, Colorado, den Polizeichef von Bilbao sowie drei direkte Vorgesetzte von Amedo als Verdächtige vor. Mit Verweis auf die Order Barrionuevos verweigern sie die Aussage zum Sonderfonds. Gegen Barrionuevo will der Richter eventuell mit juristischen Mitteln vorgehen. Als nächstes hat die Strafkammer erneut über eine Prozeßeröffnung gegen die beiden Polizisten zu entscheiden.