: Lenne-Dreieck oder das Desinteresse am Dialog
Schon sind sie wieder verschwunden, die Meldungen rund um das Lenne-Dreieck. Am 1. Juli 88 wurde der Gebietsaustausch vollzogen. Und darauf hatte Bürgermeister Diepgen auch lange genug warten müssen: „Wenn der Gebietsaustausch vollzogen ist und der Senat die Möglichkeit hat, auch auf diesem Gebiet für Sicherheit und Ordnung zu sorgen, so wird er dies tun“. Das klingt wie eine Drohung, kaum nach einem demokratischen Politiker-Konzept.
Fünf Wochen lang Gewaltaustausch. Fünf Wochen lang Unfähigkeit zu vermitteln. Fünf Wochen lang läßt der Senat keine ernsthafte Bereitschaft erkennen, mit den Bürgern auf der Besetzerseite in einen Dialog zu treten, obwohl diese Seite hierzu Vorschläge liefert.
Diese fünf Wochen sind, so meine ich, ein menschliches Armutszeugnis für die Regierenden dieser Stadt. Ich meine sogar, dieses ausgesprochene Desinteresse am Dialog von Seiten des Regierenden Bürgermeisters Diepgen stellt das demokratische Prinzip unserer Gesellschaftsform wahrhaft in Frage.
Die mit der Besetzung des Lenne-Dreiecks verbundenen Rechtsbrüche seien für das Rechtsempfinden der Bevölkerung nicht mehr hinnehmbar gewesen, so äußerte sich die Gewerkschaft der Polizei zu ihrem Einsatz. Ich frage mich, wo wird denn dem Rechtsempfinden der Bevölkerung Ausdruck verliehen? Warum wurde die Besetzeraktion nicht als Anlaß genommen, eine öffentliche Diskussion über das zukünftige Schicksal des Gebietes in Gang zu setzen?
Das Rechtsempfinden der Bevölkerung geht tatsächlich davon aus, demokratisches Mitspracherecht zu genießen und die Verfügung (zum Beispiel) eines Lenne-Dreiecks nicht als Sache der Straßenbaubehörde zu betrachten.
Inge Woitsch, Berlin 36
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