Fassadenpolitik

BesetzerInnen als billige Bauhelfer  ■ K O M M E N T A R

„Selbstbestimmt Wohnen, Leben und Arbeiten“, das waren die Ziele der Hausbesetzerbewegung. Die Wirklichkeit sieht heute anders aus. Von der Forderung nach Abschaffung des Privateigentums an Grund und Boden ist nichts mehr geblieben. Statt dessen sind die Ex-BesetzerInnen nach getaner Arbeit jetzt dazu gezwungen, mit Sozial- und Arbeitsamt um Hundertmarkscheine zu feilschen. Da ist die Görlitzer Straße 37 nur ein Beispiel von vielen. Die BesetzerInnen wurden mißbraucht als billige Bauhelfer, womöglich noch aufgerieben in internen Querelen untereinander und mit den linkssozialen Betreuern.

Die preiswerten Mieten wurden auf den Knochen der Leute errungen und sind, so gerechnet, gar nicht mehr so billig. Jede/r NichtverhandlerIn, die sich räumen ließ und stillschweigend eine - womöglich modernisierte Ersatzwohnung bekam, steht heute besser da als die meisten Ex-BesetzerInnen nach jahrelanger Arbeit. Dafür kann sich der CDU-Senat mit restaurierten Stuckfassaden, billigen Sanierungsmieten und der Wende in der Wohnungspolitik hin zum weitgehenden Abrißstop schmücken. Auch ein Erfolg.

Eva Schweitzer