PKK-Mann: Wir ermordeten Palme

Schwedische Zeitung berichtete über Informant aus „Führungsspitze“ der kurdischen Befreiungsbewegung / „Private“ Parallelfahndung durch ihn bestätigt / Was fehlt, sind Beweise  ■  Von Reinhard Wolff

Stockholm (taz) - Informationen der schwedischen Abendzeitung 'Expressen‘ vom Wochenende sind mittlerweile seitens der Polizei im wesentlichen bestätigt worden: Ein Überläufer der kurdischen Befreiungsbewegung PKK behauptet, daß seine Organisation hinter dem Palme-Mord stehe.

Der Mann, der aus dem „Führungszirkel“ der PKK stammen soll, hat nach Angaben der Zeitung im vergangenen Winter Kontakt mit der Sicherheitspolizei SÄPO aufgenommen. Seither soll er - ähnlich wie übergelaufene Agenten - in einem „safe house“ irgendwo in Schweden rund um die Uhr von der Sicherheitspolizei bewacht werden, um ihn vor einem Fehmemord seiner Organisation zu schützen. Zurecht, denn die kurdische Befreiungsorganisation hat in den letzten zwei Jahren in Schweden schon zwei ehemalige Anhänger ermordet, die als Verräter angesehen wurden.

Da die von ihm gemachten Angaben seitens der Fahndungsleitung nur als „eine von vielen möglichen Spuren“ vernachlässigt worden waren, hätten seine Aussagen Teile der Regierung dazu gebracht, „private“ Mordermittlungen direkt zu veranlassen oder diese zumindest zu decken. Die Enthüllung einer solchen Parallelermittlung hatte vor einigen Wochen zu einer schweren Regierungskrise geführt, in deren Verlauf die Justizministerin Leijen zurücktreten mußte.

Ob es sich bei dem PKK-Abtrünnigen um einen glaubhaften Informanten handelt, ist aus den bisher durchgesickerten Informationen nicht ersichtlich. Palmes Ermordung soll ihm zufolge im August 1985 auf einem Treffen zwischen den iranischen und syrischen Geheimdiensten mit der PKK in Damaskus beschlossen worden sein. Das Mordmotiv ist weiterhin unklar.

Die neuen Enthüllungen verdeutlichen jedoch, daß es neben der offiziellen Mordkommission der Reichspolizei eine parallele Fahndung gibt, die alles andere als „privat“ ist. Sie wird von Teilen der Sicherheitspolizei getragen und von Regierungsmitgliedern gedeckt.

Diese Parallelfahndung setzt offenbar immer mehr auf die zu Beginn der Palme-Ermittlungen virulente PKK-Spur, die jedoch immer abenteuerlicher wird: Irans Waffengeschäfte, Palmes Vermittlerrolle im Golfkrieg, der Kampf der PKK um einen eigenen kurdischen Staat, der der Organisation angeblich als „Belohnung“ für den Mord vom Iran versprochen wurde. Konkrete Beweise fehlen weiterhin.