BGA noch tiefer im Schlamm

Studie über Asbestzement von Industrieverein bezahlt / Bundesgesundheitsamt läßt sich Auftragsforschung über Kupfergefahren von Kupferfirmen finanzieren / Kupferinstitut zweigte 50.000 Mark für Forschungen ab  ■  Von Thomas Knauf

Berlin (taz) - Für die bereits in der letzten Sendung erhobenen Vorwürfe der mangelnden wissenschaftlichen Neutralität des Bundesgesundheitsamtes (BGA) und der geglückten Einflußnahme durch die Industrie hat die Redaktion der SFB-Fernsehsendung 'Kontraste‘ jetzt neue Belege gefunden. Ihre Recherchen ergaben, daß der auch von der Asbest-Industrie unterhaltene Förder-„Verein für Wasser -, Boden- und Lufthygiene“ in den letzten Jahren an das gleichnamige Institut des BGA sogenannte versuchsgebundene Spenden von zusammengerechnet rund 800.000 DM fließen ließ. Mit diesem Geld wurden sechs Forschungsvorhaben finanziert. Unter anderem sei mit diesen Geldern ausgerechnet eine Forschungsstudie über die Auswirkungen der Abwitterung von Asbestzement-Platten sowie eine EG-Studie über die Beschaffenheit des Trinkwassers in der BRD und den EG -Mitgliedsstaaten bezahlt worden. Beide Studien wurden Mitte der achziger Jahre begonnen und seitdem fortgeführt. Unter Bezug auf die erstgenannte Studie hatte das BGA im Februar 1986 mitgeteilt, Bewohner in Häusern, die mit Asbestzementplatten gedeckt sind, seien „auch nach Verwitterung der Oberflächen keinem merklich erhöhten Gesundheitsrisiko ausgesetzt“.

Nach Ansicht der SFB-Redaktion müsse gefragt werden, welche Firmen die „Spenden“ gaben und welche Forschungsprojekte davon noch unterhalten wurden. Diese dubiosen Verquickungen müsse der mit der Untersuchung der Affäre betraute Bundesrechnungshof ebenfalls untersuchen.

'Kontraste‘ zufolge hat auch ein von dem Förderverein als Sachmittelspende dem BGA zur Verfügung gestellter Abriebtestkanal für die Forschungsarbeit über Asbestzement -Platten Verwendung gefunden.

Weiter ermittelte die Magazin-Redaktion, daß sich der Förderverein direkt im Hause des Berliner BGA für 14.000 DM einen „Gästeraum“ einrichtete. Die Ausgaben dafür sind im Etat 1980/81 explizit ausgewiesen. Das BGA habe bestätigt, daß in dem Raum auch Gäste der Behörde übernachteten.

Die Verquickung von BGA und Industrie hat Methode. Zusätzlich zum „Asbest-Fall“ gibt es jetzt noch eine „Kupfer -Affäre“. Wie die SFB-Fernsehjournalisten aufdeckten, bezuschußt das von der deutschen Kupferindustrie ins Leben gerufene Deutsche Kupferinstitut direkt neue BGA-Forschungen über die Gefahren von Kupfer im Trinkwasser. Das Kupferinstitut wird auch aus Gelder chilenischer Kupferminen pekuniär gespeist.

Das BGA hatte mit den Forschungen den Münchner Professor Dr.Rudolf Eife von der dortigen Uni-Kinderklinik beauftragt. In Bayern waren sieben Kleinkinder offenbar an einem zu hohen Kupfergehalt im Trinkwasser, mit dem die Babynahrung zubereitet wurde, gestorben. Wie die taz erfuhr, spendierte das Kupfer-Institut fürs erste mindestens 50.000 DM, während das BGA aus seinem Etat nur rund 20.000 DM abzweigte. Mit dem Geld sind dem Vernehmen nach zwei Mitarbeiter für Kupfermessungen und -untersuchungen von Prof.Eife angestellt worden. Erst vergangene Woche hatte das BGA auf einer eigens eingerufenen Pressekonferenz die Vorwürfe hartnäckig zurückgewiesen. Jetzt steckt das BGA noch tiefer im Schlamm.