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Prima Kriegsziel WAA

Professor Carl Friedrich von Weizsäcker erklärt beim Erörterungstermin WAA für rechtlich nicht vertretbar / Schutz gegen Kriegseinwirkung fehlt  ■  Aus Neunburg Bernd Siegler

Der Physiker und Friedensforscher Carl Friedrich von Weizsäcker hält den Bau der Wiederaufarbeitungsanlage in Wackersdorf für rechtlich nicht vertretbar, da die Anlage nicht gegen potentielle kriegerische oder staatsterroristische Einwirkungen geschützt ist. Beim WAA -Erörterungstermin in der überfüllten Stadthalle von Neunburg vorm Wald widersprach er dem Bayerischen Umweltministerium, das es bisher für zulässig erachtet hat, mögliche Kriegsgefahren als vernachlässigbares Restrisiko einzustufen. Nach den Vorschriften des Atomgesetzes müßten jedoch reale Gefahren auch real berücksichtigt werden. Diese Aussagen Weizsäckers erhielten umso mehr Gewicht, als er in Neunburg sehr zum Mißfallen der EinwenderInnen bekannte, „von seiner Herkunft ein entschiedener Anhänger der Kernenergie zu sein“.

Weizsäcker betonte, daß man weder beweisen könne, daß es in diesem Land keinen Krieg mehr, noch daß es einen weiteren gebe. Angesichts dieser Tatsache sei „die Vorsichtspflicht gegenüber der Kriegsgefahr evident“. Auch der Verlaß auf völkerrechtliche Normen sei „nicht ausreichend, um bestehende Gefahren als nicht existent zu bezeichnen“. Weizsäcker rügte den von der WAA-Betreiberfirma DWK vorgelegten neuen Sicherheitsbericht zur WAA, der die Grundlage für die zweite Teilerrichtungsgenehmigung sein soll. Darin kämen z.B. mögliche Kriegseinwirkungen überhaupt nicht vor. In seiner weiteren Argumentation bezog er sich auf ein Schreiben des Bundesumweltministeriums vom 30.6.1988. Sachbearbeiter Dr. Hohlefelder bekennt darin, daß atomkerntechnische Anlagen weltweit „nicht gezielt gegen militärische Angriffe ausgelegt“ seien. „Angesichts des Zerstörungspotentials moderner Kriegswaffen“, so Hohlefelder, „ist ein Schutz durch technische Barrieren praktisch nicht erreichbar“.

Unter dem Protest der anwesenden EinwenderInnen erklärte Weizsäcker, daß der nicht mögliche Schutz gegen Kriegseinwirkungen für ihn das „einzig hinreichende Argument“ gegen die ... Fortsetzung auf Seite 2

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... friedliche Nutzung der Kernenergie sei. Wenn es der Menschheit jedoch gelänge, „die politische Institution des Kriegs abzuschaffen“, sei sie „reif für die Atomenergie“. Er plädierte für einen unterirdischen Bau der WAA. Weiteren Widerspruch erntete Weizsäcker für seine Aussage, der Normalbetrieb eines AKWs sei wesentlich weniger schädlich als der Betrieb eines Kraftwerks mit fossilen Brennstoffen. Nach Buhrufen und Pfiffen verließ Weizsäcker wutentbrannt das Podium. Rechtsanwalt Sailer, der u.a. Greenpeace vertritt und Weizsäcker eingeladen hatte, konnte die aufgebrachten Gemüter im Saal jedoch wieder beruhigen. „Seine klaren Aussagen haben uns viel mehr gebracht, als manche unserer Emotionen.“

Am Nachmittag begründete Nürnbergs Umweltreferent Rolf Praml für die mittelfränkischen Städte Nürnberg, Fürth, Erlangen und Schwabach deren Einwendungen gegen die WAA. Er forderte die bayerische Staatsregierung auf, den Bau der WAA sofort einzustellen. Zur Begründung führte Praml nicht nur die möglichen Gefährdungen der Bevölkerung des zweitgrößten bayerischen Ballungsraums schon allein durch den Normalbetrieb der WAA an, sondern verwahrte sich auch gegen die „massive Beeinträchtigung der Planungshoheit der Städte“. Mittelfranken würde zur „Drehscheibe des Atommüll und Plutoniumtourismus in der BRD“. Dadurch würde die wirtschaftliche Entwicklung der ganzen Region „stranguliert“ werden. Praml kündigte an, daß die vier Städte alle rechtlichen Mittel gegen die WAA ausschöpfen und sich gegen die Abwälzung der „unabwägbaren Risisken der Finanzierung der WAA“ über den Strom-Mischpreis der Bayern-Werke zu wehren werden.

Morgen um 10 Uhr wird Zukunftsforscher Robert Jungk sprechen. Die von der Einwenderseite geforderte Fortsetzung der Erörterung am Samstag den 23.7. hat das Umweltministerium abgelehnt.

Der bayerische Verwaltungsgerichtshof wich gestern einer Entscheidung über den Verdacht der Befangenheit des TÜV -Bayern als Gutachter, des Leiters der WAA-Erörterung Mauker und des verantwortlichen Abteilungsleiters der Genehmigungsbehörde Vogl in der Sache aus. Der 22.Senat des Gerichtshofs erklärte, Rechtsbehelfe gegen „behördliche Verfahrenshandlungen“ könnten nur gleichzeitig mit einer Klage gegen eine eventuelle atomrechtliche Genehmigung geltend gemacht werden.

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