Zwangsräumung durchs Fenster

■ Amt für Wohungshilfe ließ Mobilar von säumigem Mieter direkt auf die Müllkippe fahren

Dienstag morgen, 8.30 Uhr, Hegeweg, Bremen Blumenthal. Im zweiten Stock der Hausnummer 26 öffnen sich die Fenster. Krachend finden Matratzen, Sessel, Sofas, Kühlschrank, Bettgestell und worin der Mensch sonst so lebt den Weg durch die Fenster in den Hinterhof. Zwangsräumung in einer Wohnung der Bremer Wohnungshilfe beim Amt für Soziale Dienste. Ein ungewöhnlicher Tag für Klaus W., der bis Dienstag im Hegeweg 26, II. Stock, gewohnt hat. Ein ganz normaler Tag für das Speditionsunternehmen Werner Thomas, das seit 28 Jahren das Vertrauen von Bremer Gerichtsvollziehern genießt und auch das Bremer Sozialamt zu seinen besten Kunden zählt, wenn es um Zwangsräumungen geht. Ärger hat es angeblich noch nie gegeben, wenn das Amt für Wohnungshilfe seinen säumigen Mietern aus der Wohnung hilft. Diesmal doch.

Am morgen erscheinen die Entrümpler und räumen den Sperrmüll, so steht es später auf dem Auftragsschein, binnen einer Stunde via Fenster aus dem Haus.

Daß ihm die Zwangsräumung aus der von ihm gemäß „Obdachlosenpolizeirecht“ zugewiesenen Wohnung und notfalls die Unterbringung im Bremer Odachlosenwohnheim „Jakobushaus“ droht, wußte Klaus W. seit mehreren Wochen. 2.200 Mark Miete war W. dem Amt für Wohnungshilfe schuldig. Auf Mahnschreiben reagierte er ebensowenig wie auf die postwendend folgende Räumungsdrohung. Am behördlich angekündigten Termin, um ihn an die mietfreie Luft zu setzen, hält er sich verabredungsgemäß zum letzten Mal in seiner Wohnung auf und erspart sich und dem Sachbearbeiter der Sozialbehörde, Detlef Simon, auf diese Weise den gebührenpflichtigen Einsatz eines Schlossers. So weit, so „einvernehmlich“. Ab Dienstag morgen 9.00 Uhr allerdings steht Aussage gegen Aussage. Klaus W. will an seiner geringen Habe gehangen und ihr den Weg zur Müllkippe erspart haben wollen. Wohnungs(ab)helfer Simon dagegen beteuert ebenso wie die eingesetzten Packer, den Zwangsgeräumten befragt zu haben, was „weg“ und was „mit“ soll. Lediglich an zwei Pappkartons und einem Kiefernschränkchen habe Klaus W. bleibendes Interesse angemeldet. Der Rest könne ausdrücklich „weg“.

Was das Wörtchen „weg“ bedeutet, wird in einem Nachspiel eventuell noch Experten beschäftigen müssen: Denn für die Weg-Räumer bedeutet „weg“ soviel wie „auf die Müllkippe“, für den jetzt besitz-und wohnungslosen Klaus W. bedeutet „weg“ die übergangsweise Einlagerung seines Mobiliars in den Lagerräumen des Sozialamts bis er eine neue Wohnung gefunden hat. Und was „weg“ für ihn heißt, will Klaus W. den Packern auch nachdrücklich gesagt haben.

kvr