Klöckner-Ölfilm auf der Weser

■ Trotz Einhaltung aller amtlich festgesetzten Grenzwerte geriet Öl aus der Warmwalzstraße ins Abwasser des Stahlwerks und breitete sich über 200.000 Quadratmeter aus / Nach 14 Stunden Leck gestopft

Ein dünner Ölfilm trieb am Dienstag abend weserabwärts. Auf 1.000 Metern Länge und 200 Metern Breite schillerte der Fluß blau-lila im Abendlicht. Ein aufmerksamer Lotse meldete seine Beobachtung der Wasserschutzpolizei. Die Behörde wiederum gab die schlechte Nachricht auf den Dienstweg - und der führte über die Kriminalpolizei und das Wasserwirtschaftsamt zur Klöckner-Werksleitung. Denn der Oslebshauser Stahl-Konzern war schnell als Verursacher des Ölfilms ausgemacht. Doch dort wußte man schon seit mittag Bescheid, hatte aber die Ursache für den erhöhten Öl-Anteil im Abwasser noch nicht gefunden, die Warmwalzstraße zu diesem Zweck jedoch auch noch nicht angehalten.

Gestern mittag lief die riesige Maschine, in der aus Stahlblöcken Blech gewalzt wird, endgültig wieder an, die Werksleitung konnte allgemeine Entwarnung geben, und die Kripo hatte ein Lob für Klöckner: „Von Seiten des Umweltschutzsachbearbeiters werden besonders die vorbildliche Ursachenklärung der Firma und die Sofortmaßnahmen gegen weitere Verunreinigung hervorgehoben,“ meldete gestern mittag das Presseprotokoll der Polizei.

Das Lob war durchaus berechtigt, denn den 200.000 Quadratmeter großen Ölfilm verursachte

Klöckner unter völliger Einhaltung aller behördlichen Vorschriften. Das Klöckner-Abwasser war zu keinem Zeitpunkt mit mehr als 1,1 mg Öl je Liter Wasser belastet. 10 mg sind der für Klöckner amtlich zugelassene Höchstwert.

Das Wasserwirtschafsamt hat die 10-mg-Grenze vor zwei Jahren festgesetzt. Neben der Bremer Baumwollkämmerei ist Klöckner der letzte Betrieb, der

seine Abwässer nicht in die öffentliche Kanalisation, sondern direkt in die Weser leitet. Wenn im kommenden Jahr die erste Ausbaustufe eines geschlossenen Wasserkreislaufs bei Klöckner in Betrieb geht, soll der Öl-Grenz

wert sofort reduziert werden, versprach der Leiter des Wasserwirtschaftsamtes, Hans-Dieter Bücken, gestern. Zur Zeit fließen noch stündlich 40.000 Kubikmeter Weserwasser durch das Stahl

werk.

„Das war hier ein richtiger Ölalarm.“ Der Umweltbeauftragte des Stahlherstellers, Ziegenbalg, betonte noch gestern, wie ernst man im Werk den Anstieg des Öl-Anteils im Abwasser genommen habe, obwohl er tatsächlich gar nicht wesentlich über dem normalen Wert gelegen habe. Ziegenbalg: „Die Weser hat ja von alleine schon 0,3 mg Öl pro Liter“.

Am Dienstag hatten die Klöckner-Meßgeräte schon seit 12 Uhr einen leicht erhöhten Ölanteil im Abwasser registriert. Gleichzeitig leuchtete auch das Alarmlämpchen im Wasserwirtschaftsamt, das „on-line“ mit dem Klöckner -Meßgerät verbunden ist. Doch erst um 20:30 Uhr wurde die Walzstraße gestoppt, um das Öl-Leck zu suchen - ohne Erfolg. Die Walzstraße lief wieder an, doch der Öl-Anteil im Abwasser war unverändert hoch. Um 23:30 Uhr stoppte die Walzstraße zum zweiten Mal. Um 2 Uhr fand sich schließlich das Leck in der Dichtung einer der mehrere Tonnen schweren Walzen. Ca. 20 kg Öl seien insgesamt ausgelaufen, teilte die Werksleitung mit.

Da das Öl aus der Walzstraße an kleinste Eisenoxid -Partikelchen gebunden und mit ihnen im Wasser gelöst ist, kann es durch die Öl-Sperren im Klöckner-Abwasser rutschen, erklärt der Klöckner-Umweltbeauftragte Ziegenbalg. Erst später, mitten in der Weser, kommt ein Öltropfen dann „wie ein Torpedo“ hoch und breitet sich in Windeseile auf der Wasseroberfläche zu einem hauchdünnen Film aus.

„Sowas kommt vor allem im Hafen sehr häufig vor“, weiß der zuständige Beamte der Wasserschutzpolizei, „daran zeigt die Öffentlichkeit gar kein Interesse mehr“.

Dirk Asendorpf