OECD klagt Wende ein

Berlin (taz) - Die OECD prognostiziert für das Jahr 1989 eine Abschwächung des Wirtschaftswachstums. Während das reale Bruttosozialprodukt im laufenden Jahr noch um 2,25 Prozent anwachsen soll, erwarten die BRD-Experten der OECD für das nächste Jahr nur noch einen Anstieg um 1,75 Prozent. Harsche Kritik wird an der Subventionspolitik der Bundesregierung geübt. An den „harten Kern“ der direkten Subventionen für die Landwirtschaft, die Bundesbahn, den Kohlebergbau und die Werftindustrie sei bislang noch nicht herangegangen worden. Im internationalen Vergleich wären die staatlichen Subventionen der Bundesrepublik exorbitant hoch: Mit 2,1 Prozent im Jahr 1986 lagen sie dem Bericht zufolge doppelt so hoch wie in Japan und mehr als dreimal so hoch wie in den USA. Um eine stärkere wirtschaftliche Dynamik zu erreichen, sei es mehr denn je geboten, die „bestehenden angebotsseitigen Rigiditäten“ abzubauen. Neben dem Abbau von Subventionen zählen dazu die Deregulierung der Märkte und eine Veränderung der gewerkschaftlichen Tarifpolitik. Die Lohnabschlüße sollten zukünftig noch stärker nach Regionen und Branchen differenziert werden. Allein ein solcher flexiblerer Lohnfindungsprozess könne zu einem Abbau regionaler Disparitäten führen.

Eine forcierte Deregulierung wird für den Telekommunikationstechnischen Sektor vorgeschlagen. Vor allem infolge des Bundespostmonopols seien die Angebotsleistungen nicht in dem Maße an neue Wünsche der Nachfrager angepaßt, wie dies in Ländern mit stärkerem Wettbewerb der Fall sei. Weil der Telekommunikationssektor eine Zukunftsbranche darstelle, die für den Innovations- und Wachstumsprozess eine entscheidende Rolle spiele, sei eine marktnähere Politik in nächster Zukunft unabdingbar.

Kurt Zausel