: Ausgangsverbot in der Westbank
Tel Aviv (taz) - Seit mehr als einer Woche herrscht in der Stadt Bet Sahur sowie anderen palästinensischen Dörfern und Flüchtlingslagern in der Umgebung von Bethlehem Ausgehverbot. Die israelischen Besatzungsbehörden haben es verhängt, weil dort die Selbstverwaltungsmaßnahmen der Bevölkerung besonders fortgeschritten sind. Jetzt versuchen die Behörden, diese Tendenzen der Verselbständigung im Keim zu ersticken: Der zivile Ungehorsam ist nun ihr Hauptfeind Nr.1.
Seit dem 7.Juli besteht das Ausgehverbot für die nahezu 10.000 Einwohner der kleinen Stadt, nachdem sie zu Monatsbeginn ihre israelischen Identitätskarten zurückgegeben hatten - eine Reaktion auf eine Militär -Razzia. Mit der Razzia sollten die Palästinenser gezwungen werden, die ihnen von Israel auferlegten Steuern zu bezahlen. Sofort nach der demonstrativen Ablieferung der Identitätskarten im Stadtratsgebäude verhafteten die Israelis auf Befehl des Militärkommandanten acht Personen, die als Führung des passiven Widerstands im Ort bezeichnet werden. Man setzte sie für sechs Monate ohne Gerichtsverfahren und ohne spezifische Anklage in administrative Haft.
Das palästinensische Selbstverwaltungskomitee hat sich bei den Besatzungsbehörden höchst unbeliebt gemacht, weil es die Bevölkerung dazu anhielt, eigene Gemüsegärten für den Hausgebrauch und die Allgemeinheit anzulegen. Außerdem sollte eine Art „Homeguard“, ein unbewaffneter Selbstschutz, gebildet werden, um die innere Ordnung in der Stadt zu garantieren. Der Bethlehemer Landwirtschaftsexperte und Universitätsprofessor für Biologie Jatt Isak befindet sich unter den jetzt Verhafteten. Auf Militärbefehl hat er seine Gärtnerei und Beratungsstelle für den Gemüseanbau schließen müssen. Dr. Isak sitzt jetzt bis Jahresende in Administrativhaft. Dann kann der Haftbefehl weiter verlängert werden. Seine gewaltlosen Alternativ-Aktionen werden von den israelischen Behörden als besonders gefährlich angesehen: Er hatte die Leute von Bet Sahur und Umgebung mit Gemüsesamen versorgt und ihnen Ratschläge erteilt, wie man Selbstversorgung mit Gemüse möglichst rationell erzielt.
Amos Wollin
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