Naherholung mittelmäßig

■ Das „grüne Bremen“ schneidet beim Vergleich von städtischen Naherholungsgebieten schlecht ab / Rollen die Möbelwagen nach Ansbach?

„Jeder Bürger soll von seiner Wohnung aus ein Naherholungsgebiet in kurzer Zeit erreichen können.“ Dieses Ziel hatte Bremens damaliger Bausenator Hans Stefan Seifriz schon 1971 formuliert. BremerInnen sollten in Parkanlagen spazierengehen, in Kleingärten Radieschen ziehen und Unkrautvernichtungsmittel erproben, in Sportanlagen zur körperlichen Höchstform auflaufen und auf Friedhöfen ihre Ge

danken auf Jenseitiges richten können. Ein Stadtentwicklungsprogramm Bremen mäkelte damals: „Es fehlt insbesondere an erschlossenen, landschaftlich reizvollen Gebieten, in denen Familien ihre freie Zeit verbringen können. Die landschaftlichen Gegebenheiten, wie Wasserwege und Seen, sind für die Freizeitgestaltung noch nicht ausreichend genutzt.“

Hat sich die Bremer Landesregierung inzwischen angestrengt, die Naherholungsmöglichkeiten in der Stadt zu verbessern? Ein schlechtes Zeugnis stellt das Kieler Forschungsinstitut stadt und land der Hansestadt aus. Es hat die Naherholung in 98 bundesdeutschen Städten unter die Lupe genommen. Bremen liegt danach im Mittelfeld auf Platz 46, noch hinter Bremerhaven, Oldenburg und Wilhelmshaven. In Norddeutschland kommen nur Hannover, Hamburg, Delmenhorst und Osnabrück schlechter weg. Das berichtet die Zeitschrift Ökotest in

ihrer August-Nummer.

Die Kieler Forscher haben die Flächennutzungspläne und statistisches Material von 98 Kommunen durchforstet. Sie ermittelten, wieviel Prozent des Stadtgebietes mit Häusern, Straßen, Fabrikanlagen zugebaut und wieviel als Grün- oder Freiflächen für Erholungsuchende übrig geblieben sind. Dabei zählte das Team nicht nur Stadtparks zum Freizeit-Grün, sondern auch Landwirtschafts-Flächen, Wälder und Wasserzüge. Je nachdem, ob die müßigen StädterInnen spazierengehen, wandern, schwimmen oder Sport treiben können, ermittelte stadt und land „Aktivitätseignungskoeffizienten“ und vergab Punkte. Davon ergatterte Bremen 20, das Schlußlicht Berlin wegen des seit 27 Jahren verriegelten Freizeitangebots im Umland allerdings nur zwei. Bochumer und Gelsenkirchenerinnen sind mit drei Punkten kaum grüner dran.

Wolfgang Schulz von stadt und land räumt ein, daß nicht alle Er

holungs-Faktoren berücksichtigt werden konnten. Beispielsweise rückt mehr Grün näher an die Haustür heran, wenn eine Stadt gute Radwege baut. Das bleibt in der Studie ebenso unberücksichtigt wie Wohnumfeldverbesserungen oder Tempolimits in Wohngebieten, die an Freizeitmöglichkeiten direkt vor der Haustür denken lassen, wie Federballspielen in Wohnstraßen oder Grillen im Hof einer Siedlung. Ist andererseits ein Baggersee, nach 20 Kilometer Autofahrt zu erreichen, ein ökologisch sinnvoller Freizeittip? „Das ist ein Grenzfall“, verweist Wolfgang Schulz auf methodische Probleme.

Für BremerInnen, die naturnähere Freizeitmöglichkeiten genießen wollen, bleibt indes nur eins: Umziehen nach Ansbach. Die mittelfränkische Metropole bietet ihren BewohnerInnen bundesweit die besten Möglichkeiten, sich von ihr gründlich zu erholen.

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